Noch lange nicht vorbei VII
Was derzeit innenpolitisch geschieht, ist nicht überraschend. Man konnte es erwarten, denn es wiederholt sich im wesentlichen, was jahrelang in Österreich vorausgegangen war. Um das zu bemerken, hätte man die Entwicklung dort verfolgt haben müssen, natürlich. Die wenigsten tun das, aber ich mittlerweile schon, denn es lohnt sich. Es reicht für den Anfang schon ein Blick auf den derzeitigen Präsidentschaftswahlkampf. Marlene Streeruwitz hat das gerade im Standard kommentiert, und sie schreibt auf ihrer Website dagegen an mit einem Wahlkampfroman, in wöchentlichen Fortsetzungen. Weil der Roman als Kunstform die einzige Möglichkeit ist, abstrakte Verhältnisse wie eine politische Entscheidung auf das Leben zu beziehen und damit den Sonderfall des Allgemeinen herauszuarbeiten.
Ich glaube auch, es ist ernst geworden, es kommt darauf an, und die Ursachen liegen in erster Linie im Widerstand gegen die Modernisierung der Gesellschaft im ganzen – technologisch, ideologisch, sozial. Nicht nur in Europa, übrigens, sondern auch in den USA, wo Hillary Clinton gerade die Wähler von Trump wahrscheinlich ziemlich zutreffend beschrieben hat. Es ist eine Art modernitätsfeindliche, antimoderne Gegenströmung, die zwar eine Minderheit ist, aber eine doch ziemlich umfangreiche, so sehr, daß man nun nicht mehr an ihr vorbeikommt. Die jahrelang in der Schweigespirale war. Es ist die alte Stahlhelmfraktion bzw. deren Nachkommen, es sind Modernisierungsverlierer (wer ist das nicht?) und es sind Leute, die einfach nicht mehr mitkommen, die die immer komplexer werdende Welt nicht mehr verstehen und die nicht anders! rufen, sondern zurück! Die endlich wieder bleiben wollen, wo sie nie gewesen sind und wo kein Weg hin führen kann. Denn es geht ja nur nach vorne, niemals rückwärts.
Mit der Zeit zeigt sich ein Profil der Reaktion.
Und das alles muß man erstmal aushalten können. Siehe Armin Nassehi über die Allensbach-Umfrage zu der zunehmenden Angst unter den 30–59-Jährigen.