Mit der Paywall in die Ungleichheit
In der letzten Zeit bemerke ich mehrere Veränderungen bei den Kanälen, auf denen mich Nachrichten erreichen:
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Mein Feedreader ist nicht mehr für alle Themen die erste Wahl. Er lohnt sich weiterhin für relativ eng angelegte Bereiche, vor allem für Fachblogs zu bestimmten Themen.
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Gleichzeitig haben aber journalistische Websites ganz breit deutlich nachgelassen. Es lohnt sich nicht mehr, sie als Feed mitzulesen. Man merkt, dass die Presseverlage kein Geld mehr in die Online-Ausgaben ihrer Zeitungen stecken. Stattdessen haben sie in Paywalls investiert und ihre Seiten zu einer Art Webshop umgebaut. Wer die interessanteren Beiträge lesen will, muss zum E-Paper greifen, was sich tatsächlich manchmal lohnt, meist aber nicht. Einzige Ausnahme, dank taz zahl ich, ist eben die taz, die weiterhin alle Texte frei auf ihre Seite stellt.
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Der dritte Kanal, auf dem ich mich informiert hatte, war ganz lange Zeit hinweg Wikipedia, und zwar die Beobachtungsliste meiner Interessengebiete. Wikipedia schwächelt schon seit längerem, zum einen, weil, wie man weiß, immer weniger Benutzer aktiv mitmachen, zum anderen, weil die verbliebenen Autoren aktuelle Themen ausgerechnet anhand der – siehe oben – qualitativ immer schlechteren und immer rarer werdenden offenen Presse-Websites bearbeiten. Bibliotheken existieren, Fachportale gibt es auch, Open Access gibts ebenfalls, sie werden aber nicht genutzt. Man reagiert also nicht angemessen auf den Niedergang der Zeitungs-Websites und wendet sich zur Recherche Besserem zu. Die Autoren, die daran interessiert waren, sind zumindest in diesem Bereich schon länger nicht mehr zugange. Man hat damit aufgehört, Dinge ins Internet zu schreiben.
Die Entscheidung der Presseverlage für die Paywall ist zugleich eine Entscheidung gegen Reichweite. Tendentiell ist es eine Entscheidung für einen Weg in die Bedeutungslosigkeit. Man merkt hier aber auch, wie sich die künstliche Verknappung digitaler Güter auch über die Massenmedien hinaus im Netz und in der Gesellschaft auswirkt. Damit ist ein erheblicher Verlust von Qualität verbunden, bei den Presse-Websites und bei denjenigen, die an ihren Tickern und Meinungsbeiträgen hängen. Die Folge ist die zunehmende Ungleichheit beim Zugang zu Informationen. Wer hat worauf noch Zugriff? Und wer entscheidet darüber? Die Gatekeeper sind wieder da.
Welche Konsequenzen kann man daraus ziehen? Derzeit versuche ich, jeden Informationskanal so umzugestalten, dass die jeweiligen Stärken besser zum Tragen kommen:
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Die Anzahl der Feeds im Reader verringern und diejenigen Websites weglassen, die man besser von Zeit zu Zeit mal ansurft – und wenn man das nicht tut, dann ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass es auch ohne sie ganz gut geht.
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Zeitungen, wenn überhaupt, lieber als E-Paper oder aus Archiven lesen. Einzige Ausnahme: Die taz, siehe oben. Besonders gern lese ich in letzter Zeit historische Zeitungen aus den vielen Archiven, die es mittlerweile gibt. Der Vergleich der heutigen Nachrichten mit denjenigen vor zwanzig, fünfzig oder hundert Jahren relativiert die Nervosität der „großen Gereiztheit“ (Bernhard Pörksen). Und natürlich: Wissenschaft und Literatur statt Zeitungen.
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Keine Artikel mehr über laufende Ereignisse in Wikipedia lesen, denn sie werden meist – siehe oben – aus minderwertigen Online-Quellen zusammengetragen und als zweiter oder dritter Aufguss erstellt. Solange das so ist.