No Man's Woman
Sie muss eine Menge mitgemacht haben. Sie hat es auch nicht für sich behalten, sondern öffentlich gemacht. Ihr englischer Wikipedia-Artikel liest sich eher wie eine Krankenakte. Und auch ich denke an ihren einzigen großen Hit, mit dem sie für immer bekannt wurde: Nothing compares 2 U. Eigentlich von Prince, aber mit einer ganz eindrücklichen Performance für immer mit ihr verbunden. Damals, im Jahr 1990, hatten Musikvideos noch eine gewisse Reichweite. Die besseren waren künstlerisch gemacht. Die Videokunst war ein Kind der gerade abgeschlossenen 1980er Jahre.
Das Lied lief während einer Taxifahrt am frühen Abend vom Krankenhaus nachhause. Wir hatten damals einen Todesfall in der Familie, und der Taxifahrerin ging es ebenso, erzählte sie uns. Es war eine traurige Fahrt, die sich lange anfühlte, endlos lange anfühlte. Ein langer, sehr trauriger, ein einziger gesungener Schrei, den man nicht vergisst. Eine Melodie, die nachklingt. Ein Gesicht. Ein Kopf.
John Creedon widmete Sinéad O’Connor gestern Abend auf RTÉ Radio 1 seine ganze Sendung und spielte dabei unter anderem ein Lied, das hierzulande weniger zu hören ist. Dazu gibt es ein Video, das einen leidensvollen Prozess der Individualisierung zeigt. Die (Wieder-)Geburt aus dem Geist der Verweigerung heraus, aus dem Protest heraus und mit Hilfe der Musik. Der eigenen Musik auf dem eigenen Instrument, das zu ihr passte. Sie war No Man's Woman.
Klar, sehr kommerziell produziert. Aber auch sehr gut gemacht.