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Frankfurter Zeitung digital

Zu den interessanteren Möglichkeiten, die die Digitalisierung mit sich brachte, gehört die Möglichkeit, alte Zeitungen und Zeitschriften zu lesen. Während die großen, noch erscheinenden Blätter ihre Archive immer mehr hinter Paywalls und bei den großen kommerziellen Presseportalen verstecken, um sie vermarkten zu können, bleiben die Digitalisate von gemeinfreien Quellen auf Bibliotheksportalen allgemein zugänglich.

So kann man die Zeitläufte in der Vossischen Zeitung für den Zeitraum 1911 bis zur Einstellung des Erscheinens im Jahr 1934 im Zeitungsinformationssystem ZEFYS der Staatsbibliothek zu Berlin nachlesen. Ebenda gibt es auch die DDR-Presse, die den Zeitraum von 1945 bis 1994 (sic!) abdeckt (nur mit Login zugänglich, das geht auch mit einem ORCID-Account).

Weniger bekannt ist dagegen, dass das DFG-Projekt zur Digitalisierung der Frankfurter Zeitung bei der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main vorangekommen ist. Die Förderung lief Ende 2022 aus. Der mittlerweile digitalisierte und online verfügbare Bestand umfasst nun den Zeitraum von 1874 bis 1943 und schließt damit eine sehr bedeutsame Lücke, nämlich die Zeitspanne, in der die Gleichschaltung der deutschen Presse stattfand. – Lesen! (via Maximilian Schönherr).

Der Wanderer LXXIII

Im Vorwort zu seiner Aufsatzsammlung Was jetzt möglich ist gibt Navid Kermani nebenbei einen tiefen Einblick in die Entwicklung des Journalismus. Zeitungen, so meint man, stützen sich auf ein großes Archiv aus alten Ausgaben, zumindest ihrer eigenen Veröffentlichungen, wenn nicht noch mehr. Man denkt an das Spiegel-Archiv, das legendär war für seinen Umfang. Und die Computerzeitschrift c't hatte ihre alten Ausgaben vor zehn Jahren, zu ihrem 30. Geburtstag, sogar zu einer imposanten Skulptur verarbeiten lassen, die sie nun zum Vierzigsten aufstocken lassen möchte, wenn es die Gebäudestatik erlaubt. Der Turm aus alten Heften steht stolz im Treppenhaus des Verlagshauses in Hannover. Das ist aber nicht überall so:

Den ältesten Text, den ich für das vorliegende Buch vorgesehen hatte, den Artikel über Nasr Hamid Abu Zaid in der Frankfurter Rundschau aus dem Jahr 1993, konnte ich zu Hause nirgends finden, nicht einmal als Datei in meinem Computer. In der Annahme, dort sei der Artikel elektronisch erfaßt, wandte sich mein Lektor an die Frankfurter Rundschau – vergebens. Gut, dann gibt es doch sicher einen Keller, in dem ältere Jahrgänge der Zeitung lagern, glaubte der Lektor, und gegen ein entsprechendes Entgelt werde die entsprechende Ausgabe hervorgeholt. Nein, gibt es nicht, teilte die Redaktion mit: Die Frankfurter Rundschau, die bis vor wenigen Jahren zu den vier, fünf überregionalen Zeitungen im deutschsprachigen Raum gehörte, mit einem herausragenden Feuilleton und einer Auslandsberichterstattung, deren schierer Umfang heute kaum glaublich erscheint – sie verfügt heute nicht einmal mehr über ein Archiv. Schließlich begab sich eine Mitarbeiterin des Verlags in die Münchner Staatsbibliothek und fand in einem der Regale tatsächlich die große, staubbedeckte Kladde mit dem Jahrgang 1993.

Der Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek (am Münchener Standort des C.H.Beck Verlags) ersetzt das Archiv des Zeitungsverlags in Frankfurt am Main. Die dortige Zeitung lebt ganz im Hier und Jetzt, in der Gegenwart, gleichsam geschichtslos hat sie sich ihrer Vergangenheit entledigt. So liest sich die Zeitung bisweilen ja auch tatsächlich, könnte man sagen. Am Ende bleiben die Bibliotheken als Wahrer des kulturellen Erbes übrig. Der Staub auf dem gebundenen Jahrgang wirkt hier wie eine schützende Schicht, die das Gestern begleitet und wärmt, bis die Bibliotheksbenutzerin kommt und den alten Text wiederentdeckt, so dass die Erinnerung an die alte Zeit (damals studierte ich noch!) wieder lebendig wird. Übrigens unentgeltlich.

Kermani, Navid. Was jetzt möglich ist: 33 politische Situationen. München: C.H. Beck, 2022, S. 9. – Rink, Jürgen. Fit und vierzig. c't geht ins fünfte Jahrzehnt. In: c't 3/2023, S. 124.

Der rasende Reporter 2016

Deutschlandfunk-Wissenschafts-Redakteur Maximilian Schönherr berichtet über den derzeitigen Stand der mobilen Produktionstechnik beim Hörfunk. Von der Smartphone-App ins Studio. Er schließt: dieser blogeintrag wird sich in zwei jahren voll retromäßig lesen. die entwicklung ist rasend schnell. Siehe auch den Beitrag zum Podcasting gestern bei den Netzpiloten.

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