Stefan Kottwitz weist auf eine neue Einführung zu ConTeXt hin, die Axel Kielhorn auf GitHub veröffentlicht hat. Context-Intro erklärt auf insgesamt 45 Seiten, was es mit der Alternative zu LaTeX auf sich hat. Das PDF ist etwas versteckt in einem Unterverzeichnis zu finden.
Weitere Einführungen findet man übrigens in der Zeitschrift der TeX Users Group TUGboat, in der mindestens 16 Aufsätze zum Thema erschienen sind, zuletzt ConTeXt for beginners von Willi Eggers. Es gibt dort aber sicherlich noch mehr Beiträge, die ConTeXt betreffen, interessant dürfte auch Exporting XML and ePub from ConTeXt von Hans Hagen sein.
Was uns zu der revidierten Open-Access-Policy von TUGboat führt: Seit diesem Jahr ist das Online-Archiv der Zeitschrift allgemein zugänglich. Nur die jeweils neueste Ausgabe bleibt zunächst den Mitgliedern vorbehalten. Viel Stoff zum Stöbern, also. Ein Fundgrube für TeX-Anwender.
Der Trend zum freien Zugriff steht leider in einem gewissen Widerspruch zur Praxis in der TeX-Gemeinde, was die Kommunikation angeht. Man zieht sich immer mehr auf die geschlossenen Kanäle zurück und vernachlässigt die öffentlichen Listen und Newsgroups. So wurde denn auch die Veröffentlichung von Context-intro zuerst in der geschlossenen Vereins-Mitgliederliste von DANTE bekanntgegeben und danach erst anderweitig verbreitet. Der Trend zum digitalen Biedermeier, in dem sich die geschlossenen Hinterzimmer immer weiter ausbreiten, dürfte im ganzen nachteilig für TeX and Friends sein. Ich wurde vor etwa 20 Jahren nicht zuletzt deswegen auf LaTeX aufmerksam, weil die Community damals sehr offen aufgetreten und unmittelbar zugänglich war, jedenfalls zugänglicher als heutzutage. Freie Software gehört ins freie Web.
Im Sommer dieses Jahres hatte ich mich von einem Projekt getrennt, das ich 2001 begonnen hatte, den Topic Index zum TeX Catalogue, der das Ziel verfolgte, alle TeX-Pakete im Comprehensive TeX Archive Network CTAN thematisch zu erschließen.
Wir haben den Topic Index auf CTAN in den Obsolete-Zweig verschoben, um ihn zu erhalten, aber gleichzeitig klarzustellen, dass er von nun an nicht mehr aktualisiert werden wird.
Der Grund für meinen Rückzug aus dem Projekt ist kurz erzählt. Der Topic Index war ursprünglich ein reines Prokrastinations-Projekt, das ich während meiner Promotion begonnen hatte, um mich zu zerstreuen und gleichzeitig etwas Gutes für die Gemeinschaft zu tun. Bis dahin gab es noch keine thematisch geordnete Übersicht über die TeX-Pakete. Der TeX Catalogue bestand nur aus automatisch generierten endlos langen Listen, die entweder alphabetisch oder systematisch sortiert ausgegeben und bereitgestellt wurden. Man konnte aber nicht direkt nach einem Paket suchen, das einen bestimmten Zweck erfüllen sollte. Das änderte sich mit dem Topic Index. Von nun an gab es eine weitere endlose Liste, die allerdings thematisch sortiert war. Das war ein großer Fortschritt für die Benutzer. Aber da der Paketbestand auf CTAN erfreulicherweise ständig wächst, muss auch der TeX Catalogue laufend aktualisiert werden. Und hier bin ich im Laufe der Jahre leider immer weniger aktiv gewesen. Mea culpa.
Es war an der Zeit, daraus Konsequenzen zu ziehen, vor allem im Interesse der Benutzer, die sich bei einem offiziellen Angebot wie dem TeX Catalogue vor allem aktuelle Daten erwarten, die mit dem Stand auf CTAN übereinstimmen.
Die aktuellen Angaben zu den TeX-Paketen findet man heutzutage auf dem CTAN-Portal, wo sie auch laufend gepflegt werden, einschließlich einer thematischen Erschließung, wie sie der Topic Index bisher geboten hatte. Das Portal bietet gegenüber der Liste den erheblichen Vorteil einer effizienten Suchfunktion, die zudem den gesamten aktuellen Bestand erfasst. Jedes Paket, das auf CTAN aufgenommen wird, erscheint also auch ohne weitere Verzögerung in der Suche und im thematischen Index.
Aus persönlichen Gründen habe ich mich gegen eine Mitarbeit bei ctan.org entschieden. Man muss auch einmal loslassen können. Meine regelmäßige Kolumne zu den Neuen Paketen auf CTAN in der DTK führe ich aber gerne fort.
Außerdem möchte ich ausdrücklich dazu ermuntern, den Kolleginnen und Kollegen bei ctan.org unter die Arme zu greifen und dort mitzuarbeiten, wenn man sich ein Engagement bei der Pflege der Bestandsdaten vorstellen kann. Das kleine Team kann Hilfe gut gebrauchen.
Näheres zur Geschichte des TeX Catalogues und über eine Mitarbeit bei ctan.org habe ich in einem kleinen Aufsatz in der aktuellen TeXnischen Komödie Nr. 4/2018 zusammengefasst, der den gleichen Namen trägt wie dieser Blogpost.
Heute ist es zehn Jahre her, dass der erste Blogpost bei TeX & Friends erschien. Damals gab es eine Inhaltsangabe der letzten Ausgabe der TeXnischen Komödie, aber auch schon ein Blick auf das TeX-affine Umfeld in Form von Erweiterungen, die es damals für OpenOffice.org gab. Übrig geblieben ist davon mittlerweile nur noch Writer2LaTeX, das es mittlerweile in Version 1.9.3 alpha gibt.
Blogs sind Zeugnisse von Übergängen – gesellschaftliche ebenso wie persönliche. Man beginnt ein Blog, man führt es, es entwickelt sich, was die Frequenz und die Inhalte angeht, man schreibt mal mehr, mal weniger, vielleicht schreibt man eines Tages gar nichts mehr oder nimmt das Blog ganz vom Netz. Bekanntschaften entstehen, Blog-Nachbarschaften auch, und lösen sich wieder. Das Netz folgt den Regeln der bürgerlichen Gesellschaft, die „kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übrig gelassen [hat], als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚baare Zahlung.‘“ Und das freie Netz, das es vor zehn Jahren durchaus noch gab, gibt es nicht mehr. Die Folge: Immer mehr ziehen sich in virtuelle Hinterzimmer zurück, in ein digitales Biedermeier von geschlossenen Gruppen, geschlossenen Mailinglisten, geschlossen halt. Immer mehr verschließen sich, der Diskurs im Netz, von dem ich einmal ein Teil war, löst sich auf und verschiebt sich in private E-Mail-Verteiler, wo man weiß, an wen man sich wendet. Die Sklavensprache nach außen, die vertraulichen Verteiler als engstes Band nach innen. Und der Ekel vor dem Netz, den Günter Hack im Dezember 2013 ausgemacht hatte, legt sich über all das und bedingt es.
Ich glaube, ich gehöre zu denen, die sich mittlerweile doch wenigstens ein bisschen ausgebloggt und auskommentiert haben. Man ist müde geworden, die 15 minutes of world-fame kennt man schon, und ich wundere mich über die Kolleginnen und Kollegen, denen ich schon so lange folge und die es immer noch schaffen, regelmäßig etwas zu veröffentlichen und immer so weiter zu machen wie früher, und wenn man ihre Blogs mitliest, meint man tatsächlich, es wäre alles noch wie damals, oder jedenfalls ganz ähnlich. Wie wenn da einer… Chapeau! Ich meine das sehr ernst, und etwas depressiv gestimmt, durchaus.
Simone Stratil hat ihr Blog Papiergeflüster im Oktober geschlossen. Ein Jahr, nachdem sie bereits an ihrer Rolle gezweifelt hatte. Zu dieser Buchmesse war es soweit. I bid you farewell.
Bei Robert Basics plötzlichem Tod Anfang November 2018 war dieser stille Punkt zu fühlen, als die Gemeinde, die man in dem Moment zu Recht auch so nennen sollte, Rückschau hielt auf den gemeinsamen Weg, die Richtung unbekannt, und, wenn man es genau nimmt, schon so viele sind zumindest aus dem Blickfeld verschwunden. Die Zeit ist lang geworden. Das „Berliner Buch“ Zero Comments von Geert Lovink datiert von 2008, es ist so alt wie TeX & Friends. Ich stieg also ein, als es schon zuende ging. Pardauz.
Zum Schluss noch ein paar TeX-Neuigkeiten: Die LaTeX News 29 beschreiben den Dezember-2018-Release von LaTeX2e. Und LyX 2.2.3 ist heute veröffentlicht worden.
Ziemlich unbemerkt hat Henrik Just die Entwicklung des Konverters Writer2LaTeX wieder aufgenommen. Nach einer Pause von drei Jahren (sic!) gab es im März 2018 erstmal eine neue Roadmap und die neue Version 1.6. Ein Bugfix 1.6.1 kam am 20. August heraus, herunterzuladen von Sourceforge.
Ab Version 2.0 soll Writer2LaTeX neu ausgerichtet werden. Zielformate sollen ab dieser Version nur noch LaTeX/BibTeX und HTML5/MathML sein, die von der Extension aus LibreOffice exportiert werden oder auf der Kommandozeile ausgehend von ODT konvertiert werden können. EPUB und XHTML als Zielformate werden entfallen, was zu verschmerzen ist, weil EPUB mittlerweile von LibreOffice nativ unterstützt wird und XHTML nicht mehr wirklich angesagt sein dürfte.
Zur Qualität der aktuellen Version kann ich nichts sagen, da Java in LibreOffice auf meinem Mac seit dem Umstieg von Snow Leopard auf Mavericks schon nicht mehr funktioniert und ich mich da auch nicht wirklich herausgefordert fühle, weil ich heutzutage in dieser Hinsicht eher mit Pandoc und org-mode arbeite, was mir völlig ausreicht, da ich sowieso fast alles in Emacs mache. Beide Konkurrenten haben eine sehr rührige Benutzer- und Entwicklergemeinde, sehr aktive Mailinglisten und laufen stabil. Trotzdem sollte man Writer2LaTeX auf dem Schirm behalten, denn LibreOffice ist gut etabliert, und wenn Henrik Just so aktiv weitermacht wie in den letzten Monaten, könnte da etwas Interessantes und Zeitgemäßes entstehen.