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Aufräumarbeiten bei MacTeX 2024

Nach der Veröffentlichung von TeX Live 2024 ist nun auch die MacTeX-Website aktualisiert worden. Dort findet man einen wichtigen Hinweis für ConTeXt-Anwender, die bitte noch im Terminal das folgende Initialisierungsskript ausführen sollten, das es leider nicht mehr in das Setup geschafft hatte:

sudo mtxrun --generate
sudo context --luatex --generate
sudo context --luajittex --generate

Eine weitere Auffälligkeit betrifft das Paket arara, mit dem man Dokumente automatisiert kompilieren kann. Der Unterschied zu dem deutlich bekannteren latexmk besteht darin, dass arara die dazu benötigten Metadaten unmittelbar aus dem Quelltext bezieht. Es braucht allerdings eine Java Virtual Machine, die bekanntlich auf dem Mac schon länger nicht standardmäßig vorhanden ist.

Arara und die dazugehörigen Binaries konnten nicht „signiert“ werden, weshalb sie aus MacTeX entfernt werden mussten. Sie erscheinen gleichwohl in der TeX Live Utility als Pakete mit dem Status „Entfernen erzwungen“. Diese Einträge im Aktualisierungs-Tab verschwinden dort erst aus der Liste, nachdem man die beiden Pakete über das Pakete-Tab händisch nachinstalliert hat, worauf Herbert Schulz auf der Mailingliste macosx-tex hingewiesen hatte:

Arara has an internal library that could not be `signed’ by Apple. Since our policy is to only include things that can be `signed’ in MacTeX.pkg arara had to be removed.

You can use TeX Live Utility (TLU) to re-install arara once you’ve installed TeX Live 2024 with the MacTeX package. Open TLU and click on the `packages’ tab to list all available packages in TeX Live. Choose the arara package (you may have to open the list of systems and choose `universal-darwin’) and then `Install Selected Packages’ (or maybe `Reinstall Selected Packages’) in the Actions menu.

Caveat: Bitte nur das Paket arara im Tab „Pakete“ markieren und über das Kontextmenü des Eintrags nachinstallieren. Bitte nicht den Eintrag aufklappen, es gibt nämlich außer universal-darwin und darwin-legacy keinen Eintrag mehr für macOS, deshalb verbleibt ein Eintrag in der Aktualisierungsliste offen. Das Setup ist aber so klug, das richtige zu tun, wenn man einfach den zugeklappten Baum in der Pakete-Ansicht insgesamt markiert und nachinstalliert.

Voilà.

Eine ganz andere Frage ist, ob das Paket danach so funktioniert, wie es soll. Dazu gibt es derzeit noch einen Bug-Report.

TeX Live 2024 ist veröffentlicht worden

Karl Berry hat den Release von TeX Live 2024 bekanntgegeben. Neuigkeiten werden in den Release Notes beschrieben.

Unstimmigkeiten, die man in den letzten Wochen über die Mailinglisten verfolgen konnte, betrafen vor allem Neuerungen bei LuaTeX. Es hakte mitunter erheblich, die Probleme konnten dann aber behoben werden. Nur ein kleiner Hänger bei ConTeXt blieb bestehen; er betrifft nur ConTeXt auf dem Mac und sollte nicht zum Showstopper für alle werden. Das Konfigurationsskript ist wohl nicht ganz vollständig, das wird noch behoben. Auf der MacTeX-Website, die bald aktualisiert wird, soll es dazu einen Hinweis geben.

TeX Live 2023 wurde schon am 11. März 2024 eingefroren. Wer es noch nicht getan hat, mag nun die letzten Ergänzungen installieren, solange sie noch bereitstehen, um die letzte Ausgabe von TeX Live 2023 zur Hand zu haben, falls es doch noch irgendwo bei Version 2024 zu einem Hänger kommen sollte. Nach einer Weile im Parallelbetrieb kann man sich dann für den Umstieg auf die neue Variante entscheiden und die alte löschen, um den Speicherplatz zurück zu gewinnen. Man kann zwischen den beiden Installationen hin und her schalten. Per GUI geht das in der TeX Live Utility, über die auch die Updates eingespielt werden.

Es wird noch ein paar Tage dauern, bis die Website der TeX Users Group vollständig aktualisiert vorliegen wird und bis alle CTAN-Spiegelserver mit der neuen Version versehen wurden. Diesmal wartet man wohl ab, bis es soweit ist. Ich presche trotzdem mal vor, wie es sich für Blogger gehört. Man sollte sich aber ruhig noch einen langen Moment gedulden, bevor man den Download startet, um sicherzustellen, dass man tatsächlich die neue Distribution bekommt. Außer man ist sich sicher, dass man MacTeX vom 13. März 2024 herunterlädt. Keine Sorge: Man verpasst nichts. Die erste Version TL2024 unterscheidet sich kaum von der letzten aus TL2023.

Der Download von MacTeX 2024 ist etwas über 5,6 GB groß; BasicTeX bringt es auf etwa 90 MB. Für ältere Versionen seit System 10.3 gibt es kein MacTeX mehr, dafür kann der Unix-Installer genutzt werden. Auch die MacTeXtras sind aktualisiert worden. Das ist eine Sammlung mit Werkzeugen, die man zum Arbeiten speziell auf dem Mac gebrauchen kann.

Ein Dank geht auch in diesem Jahr an alle, die TL2024 entwickelt, getestet oder sonst mitgeholfen haben, TeX and Friends gut in die neue Saison 2024/25 zu bringen.

Pretest TeX Live 2024 beginnt

Karl Berry weist auf der TeX-Live-Mailingliste darauf hin, dass der Pretest für TeX Live 2024 anläuft.

Die wichtigste Änderung betreffe LuaTeX, das von nun an (ohne --shell-escape) auf der Lua-Ebene so eingeschränkt worden sei, dass es nur noch in das Arbeitsverzeichnis und das TEXMF[SYS]VAR-Verzeichnis schreiben dürfe. Es sei noch nicht klar, ob noch ein neuer LaTeX-Release folgen werde, es gebe jedenfalls neue Formate.

Am 2. März 2024 ist der Code-Freeze vorgesehen. Am 13.  März 2024 soll der Release von TeX Live und MacTeX 2024 erfolgen.

Bitte beteiligt euch am Test und probiert die neue Version mit euren üblichen Dokumenten aus, damit Fehler möglichst frühzeitig gefunden werden können.

The trouble with AUCTeX 14

AUCTeX 14 ist veröffentlicht worden. Leider gibt es ein Problem beim Upgrade. Das Setup läuft nicht sauber durch, wenn schon eine frühere Version von AUCTeX installiert und aktiv ist. Emacs friert ein und läuft mit einer Prozessorlast von 100 Prozent. In dem Fall hilft ein beherztes C-g, um die Endlosschleife zu verlassen.

Mittlerweile gibt es eine Bugfix-Version 14.0.2 auf ELPA. Man sollte aber weiterhin zunächst die ältere Version deinstallieren, und zwar auf demselben Weg, mit dem man sie zuvor installiert hatte. Standardmäßig wäre das der Emacs-eigene Paketmanager package.el. Gegebenenfalls sind zuvor zudem Abhängigkeiten zu entfernen, die auf AUCTeX beruhen, in meinem Fall war das company-auctex. Dann sollte die Installation von AUCTeX 14.0.2 von ELPA sauber durchlaufen.

Emacs  : GNU Emacs 29.2 (build 1, aarch64-apple-darwin22.6.0, NS appkit-2299.70 Version 13.6.3 (Build 22G436))
 of 2024-01-18
Package: 14.0.2

Danach die zuvor entfernten Abhängigkeiten wieder herstellen. Fertig.

Es wäre zu wünschen, dass bei künftigen Versionen nicht ohne weiteres davon ausgegangen wird, dass man eine Erstinstallation von AUCTeX vornimmt.

Der Wanderer XCIX

Die LaTeX-Unterstützung für deutschsprachige Texte babel-german kann nun auch gendern. In der heute auf CTAN veröffentlichten Version 2.14 wurden Shorthands für den Genderstern "*, den Doppelpunkt ": und den Unterstrich "_ neu eingeführt, die die Trennstellen eines Worts unberührt lassen. Eingedenk der weiten Verbreitung von gendergerechten Schreibweisen wurde es Zeit, dass das Feature bereitgestellt werden konnte. Dem Maintainer von babel-german, Jürgen Spitzmüller, sei Dank!

Der Wanderer XCVIII

2023 geht zuende. Es ist Zeit für einen Blick zurück.

So wenig Weihnachten war selten wie in diesem Jahr. Kaum ein Geschäft in der großen Einkaufsstraße hat sein Schaufenster entsprechend dekoriert. Wenn sie nicht mal mehr saisonal dekorieren, wie soll dann der Gedanke an saisonales Einkaufen entstehen?

Wir sehen vor uns: Eine verwundete Gesellschaft. Freilich begann es in einem umfassenderen Sinne schon viel früher. Aber im engeren Sinne betrachten wir die letzten etwa vier Jahre. Irgendwie. Es ist kaum möglich zu erfassen, was in der Zeit alles kaputt gegangen ist, kaputt gemacht wurde. Strukturen, die aufzubauen viele Jahre oder sogar Jahrzehnte gedauert hatte, wurden innerhalb von Wochen und Tagen für immer beschädigt oder für immer zerstört, so scheint es. Auch wenn es viele Versuche dazu gab und gibt, es fällt doch schwer, sich davon zu erholen. Es betrifft Menschen ebenso wie gesellschaftliche Ordnungen: Organisationen, Institutionen, Netzwerke. Ganz schwer einzuschätzen, wie es weitergehen wird.

Überall neues Personal, das die Verhältnisse „vor Corona“ nicht mehr kennt. In der Bibliothek, in der Klinik, in der Arztpraxis, im Laden. Anything left?

Derzeit wird in den größeren Städten nachgeholt, was in der letzten Zeit auf dem Land vorausgegangen war: Schließung von Bankfilialen und Geschäften und Geschäftsstellen. Was bleibt, sind Automaten, wenn überhaupt. Und Webseiten. Und ständig ändert sich etwas. Deshalb veraltet das Wissen über Alltägliches immer schneller.

2023 war auch das Jahr, in dem das textbasierte Usenet kaputt ging. Über das Interface zu Google Groups kam massenweise Spam herein, mit KI generiert, und machte die Newsgroups unlesbar. Zuerst wurden Google Groups vollständig ausgefiltert. Dann zog sich Google vollständig aus dem Usenet zurück. Das einst von DejaNews gekaufte historische Usenet-Archiv bleibe erhalten – offen bleibt, wie lange. Aber es werde nicht mehr fortgeführt. Hier bräuchte es also ein privates Projekt. Es wird sich sicherlich etwas ergeben. Die Newsgroups sind aber deutlich getroffen, denn auch den Benutzern war es nicht mehr möglich gewesen, sich per Killfile gegen den Spam, in solchen Mengen und in dieser Qualität variiert, zu schützen. Und ein doch recht großer Teil der Regulars postete über viele Jahre über Google Groups. Es bleibt abzuwarten, wie es nun weitergehen wird.

Übergänge gab es auch bei den Mailinglisten. Einige starben, einige wurden bei neuen Providern weitergeführt, erneutes Anmelden reichte aus. Im Hintergrund war auch hier Google, diesmal mit seiner Mail. Wer einen so großen Teil der Lemminge mit seinem Dienst bedient, bestimmt am Ende die Regeln, nach denen alle E-Mails transportiert, adressiert, empfangen werden. So eine große Macht auf ein ganzes Medium, auf Märkte und auf Protokolle, die gar nicht mehr zum eigenen Beritt zählen, gehört freilich verboten, ist es aber nicht, wie wir wissen.

Derweil ist die Google-Suche endgültig unbrauchbar geworden. Bing liefert immerhin noch Nachweise zu Nachrichten auf Websites. Und ansonsten: MetaGer rulez. Wenn ich überhaupt noch Web-Suchmaschinen benutze.

2023 war auch das Jahr, in dem Twitter starb und Mastodon und das Fediverse aufstieg. Vielleicht war es auch ein Umbruch für die Blogs. Felix Schaumburg sagte in Bildung – Zukunft – Technik – BTZ108:

Wenige bloggen noch regelmäßig, aber trotzdem gibts die Blogs, und es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, dass wenn mal irgendwie was ist, man das dann auch wieder nutzen könnte. Und ich glaube, in dem Sinne gehen Blogs nicht weg, auch wenn sie nicht mehr groß sind, also dominant als Medium.

Und in derselben Folge sagte: Guido Brombach: „Ich bin social-media-müde.“ Und er muss es ja wissen.

Wo bleibt das Positive? Ganz sicher hier: 2023 war auch das Jahr, in dem die 70. Ausgabe meiner vierteljährlichen Kolumne Neue Pakete auf CTAN erschienen ist. Die erste Folge kam in der Mitgliederzeitschrift der Deutschsprachigen Anwendervereinigung TeX (DANTE), in der TeXnischen Komödie (DTK), in Ausgabe 2/2005. Und wenn nichts dazwischenkommt, setze ich die Reihe gerne fort.

Probleme mit TeX Live Utility

Derzeit gibt es ein Problem mit der TeX Live Utility (TLU), die mit der TeX-Distribution MacTeX ausgeliefert wird. Standardmäßig werden Updates unter MacTeX über die TeX Live Utility eingespielt. Nun steht ein Upgrade des TeX-Live-Paketmanagers tlmgr an, das zwar von TLU angekündigt und auch auf Anforderung angestoßen, im weiteren Verlauf dann aber nicht abgeschlossen wird. TLU moniert, es habe keinen Zugriff auf das Kompressionswerkzeug xz und bricht mit dieser Fehlermeldung ab. Weitere Updates von MacTeX sind danach nicht mehr möglich.

Es gibt einen Workaround. Man kann im Terminal per

sudo tlmgr update --self

das Update anstoßen. Danach sollte die TLU für alles weitere dann auch wieder funktionieren.

Der Wanderer LXXXVII

Kurz vor dem Wochenende traf die dritte Auflage des LaTeX Companion, des TLC3, ein. Zwei Bände mit zusammengenommen gut 1900 Seiten. 18 Jahre nach dem Erscheinen der deutschen Übersetzung der zweiten Auflage. Ein enormer Gewinn für alle Benutzer und eine große Freude, ein so sorgfältig hergestelltes Buch zu bekommen.

Wobei es nicht ganz einfach war, den Titel zu bestellen, denn Addison-Wesley oder besser gesagt: Pearson ist auch nicht mehr ganz, was es mal war. Das Buch ist zwar in Deutschland über den Buchhandel bestellbar, es wird hierzulande aber nicht gelagert, sondern jeweils direkt beim Verlag aus den USA beschafft. Das sorgt für eine lange Lieferzeit und für vergleichsweise hohe Kosten. Und auch für ungewöhnlich schwankende Kosten. Wenn man die deutsche Buchpreisbindung gewöhnt ist, mag es merkwürdig anmuten, aber die Preisunterschiede zwischen den Buchhändlern sind doch beträchtlich.

Am ärgerlichsten ist aber wohl, dass der Transfer der Metadaten vom amerikanischen zum deutschen Buchhandel nicht so richtig klappen will. Wer das Werk bestellt, möge sich deshalb, bitte, nicht kirre machen lassen, es gibt mehrere Angebote vom Verlag: Man kann beide Bände separat bestellen, beide haben eine eigene ISBN, und es gibt ein Bundle mit beiden, und dann gibt es nochmal ein Bundle zusammen mit der E-Book-Ausgabe, das wäre dann also sozusagen die vollständigste aller Ausgaben. Wer die Auskunft erhält, der zweite Band sei nicht lieferbar, möge ihn reklamieren. Es gibt ihn wirklich, er liegt gerade neben mir auf dem Schreibtisch. Also nicht nur als E-Book, sondern als Book-Book.

Wer sich für LaTeX interessiert, möchte doch wahrscheinlich gerne ein gedrucktes Buch in Händen halten, zumal bei dem besagten Umfang. Fest gebunden auf gutem Papier mit einem schönen dunkelroten Lesebändchen. Und dann hat es also doch noch deutlich vor Weihnachten geklappt. Ich freue mich wirklich darauf! Und alle Beispiele aus dem TLC3 gibt es auf CTAN.

Übrigens habe ich die knappe Einführung in LaTeX, die ich seit ein paar Jahren auf meiner Homepage anbiete, endlich einmal wieder aktualisiert. Viele Weblinks gingen nicht mehr. Einige Angaben waren ebenfalls überholt. Bei der Gelegenheit habe ich den Text von HTML auf Org-Mode umgestellt. Sowohl die Quelle als auch der leicht nachbearbeitete HTML-Export aus Org stehen auf GitHub bereit. Und bei der nächsten Version werde ich auch die Teile, die ich heute noch händisch angegangen hatte, soweit wie möglich in Org umsetzen. Vielleicht kann ich meine gesamte Website als Publishing-Projekt auf Org umstellen. Wahrscheinlich erhalte ich auch beim Lesen des TLC3 eine paar Anregungen, die in den Text einfließen können, ohne ihn zu sehr auszudehnen.

Bei der Gelegenheit habe ich meine Homepage noch mit einem Dark Mode versehen. Das war per @media (prefers-color-scheme: dark) {...} tatsächlich viel einfacher, als ich gedacht hätte.

Ich stelle mir gerade parallel eine ebenso kurze Einführung in die Installation von Emacs unter macOS vor, in der ich meine Erfahrungen aus den letzten Wochen zusammenfassen könnte, die ich ja teilweise hier auch verbloggt hatte. Ich mag die alte Tradition der gentle introductions sehr, von denen es früher ganz viele im Netz gab, zu allen möglichen Themen. Blogs, Wikis und Webforen sind hilfreich, aber letztlich sind es nur gesammelte Bruchstücke, es fehlt meistens der größere Überblick über ein Thema. Still digging!

Emacs 29.1 VII

Beim Umstieg von macOS Monterey auf Ventura war auffällig, dass die neu hinzugekommenen Programme, wie beispielsweise die Uhr, nicht mehr konfigurierbar sind. Es gibt kein Preference Pane, man kann sie nur noch so benutzen, wie sie angeboten werden. Ich kann mir also beispielsweise beim Timer nicht einstellen, ob er digital (mit rückwärts laufenden Zahlen) oder analog (mit rückwärts laufenden Uhrzeigern auf einem Ziffernblatt) dargestellt werden soll.

Das ist beim Emacs ganz anders. Konfigurationsfragen stellen sich ständig. Mit dem Emacs zu arbeiten, heißt, ihn zu konfigurieren, und dazu gibt es eine eigene Sprache, Emacs Lisp.

Fangen wir also beim Anfang an. Dieser Teil meiner Reise durch Emacs und Umgebung begann beim Einrichten von Flyspell. Das ist die Rechtschreibprüfung, die Emacs von Hause aus mitbringt. Ich hatte zwar meine Dissertation seinerzeit vollständig ohne Rechtschreibkorrektur (und übrigens auch ohne die Literaturverwaltung BibTeX – Biblatex und Biber gabs damals noch nicht) geschrieben. Aber besser wäre gewesen mit, wie ich mittlerweile weiß. Aquamacs greift sogar auf die Rechtschreibprüfung von macOS zurück, was auf der Plattform freilich optimal ist. Aber wir wollen ja jetzt erstmal lieber nur mit freien und quelloffenen Lösungen arbeiten, und das heißt in diesem Fall: mit aspell.

Der Anlass zum näheren Hinschauen waren letztlich zwei Probleme, die beim Konfigurieren meines Emacs auftraten: Flyspell tat nicht einfach mal so eben, was es soll. Und nachdem ich das gelöst hatte, kam noch ein weiteres Problem hinzu: Beim Schreiben der nächsten Folge meiner Neuen Pakete auf CTAN für die TeXnische Komödie stieß ich auf die Neuerung, dass dtk.cls nun das Kompilieren mit LuaLaTeX nicht nur nahelegt, sondern verlangt. LuaTeX brach seinen Lauf aber beim Aufruf aus dem Emacs schnell wieder ab und verabschiedete sich mit einem Output von null Seiten. Die vorläufige Lösung für beide Probleme hatte ich schon vor ein paar Tagen vorgestellt.

Die Merkwürdigkeiten, auf die ich damals gestoßen war, ließen mich freilich nicht ruhen, ich las weiter und weiter und stieß dabei im Emacs-Manual im Kapitel zu Emacs unter macOS auf einen Abschnitt, der das grundlegende Problem ansprach, den Leser dann am Ende aber auch ziemlich allein zurücklässt:

Many programs which may run under Emacs, like latex or man, depend on the settings of environment variables. If Emacs is launched from the shell, it will automatically inherit these environment variables and its subprocesses will inherit them from it. But if Emacs is launched from the Finder it is not a descendant of any shell, so its environment variables haven’t been set, which often causes the subprocesses it launches to behave differently than they would when launched from the shell.

For the PATH and MANPATH variables, a system-wide method of setting PATH is recommended on macOS, using the ‘/etc/paths’ files and the ‘/etc/paths.d’ directory.

Wer das Vorgehen beim Konfigurieren von Emacs mag, das sich zwischen beinahe detektivischer Recherchearbeit, Programmieren, Technik, Informationswissenschaft und Praxis bewegt, für den könnte der Emacs ebenfalls der Editor der Wahl sein. Für alle anderen möglicherweise nicht. Typisch ist nicht nur, dass man immer wieder mit solchen halben Sachen wie dem vorstehenden Absatz ziemlich dumm dasteht, sondern auch, dass sehr viele veraltete Empfehlungen und Code-Schnipsel im Netz um Umlauf sind, die sich auf ältere Versionen von Emacs oder von Ergänzungspaketen beziehen. Da werden Variablen konfiguriert, die es mittlerweile gar nicht mehr gibt, was im einfachsten Falle schlicht folgenlos bleibt, im schlechteren Fall aber zu Fehlermeldungen, die ein blutiger Laie kaum beheben könnte. Es werden Befehle bereitgestellt, die ehemals Probleme umgehen sollten, die aber in neueren Versionen von Emacs gar nicht mehr bestehen. Manchmal ist nicht sicher, ob eine Empfehlung, die vermeintlich funktioniert, auch heute immer noch die bestmögliche Lösung für ein bestimmtes Problem ist. Man sollte deshalb tunlichst darauf achten, aus welcher Zeit eine Empfehlung stammt und ob sich seitdem in der Emacs- und in der Paket-Entwicklung etwas getan hat – und falls ja, was?

Immerhin gibt es für das Problem, auf das das Emacs-Manual hinweist, wiederum ein Paket. Ich fand es, als ich später, nach meinem letzten Blogpost zum Thema, eigentlich nach etwas ganz anderem suchte. Nachdem die Rechtschreibprüfung einigermaßen lief, hätte ich sowas gerne auch für Quelltexte gehabt und stieß auf Flymake (schon eingebaut) und Flycheck (nachzuinstallieren). Und auf der Website von Flycheck finden wir folgenden Hinweis:

Flycheck can’t find any programs in GUI Emacs on MacOS

Try to install and configure exec-path-from-shell to make a GUI Emacs inherit the $PATH environment variable from your shell configuration.

The issue is that due to the special way MacOS starts GUI programs a GUI Emacs does not inherit the environment variables from the shell configuration so Emacs will lack some important entries in $PATH, most notably /usr/local/bin/ where Homebrew, NPM and many other package managers put binaries in.

The exec-path-from-shell works around this issue by extracting environment variables from a shell session and inject them into the environment of the running Emacs instance.

Und damit bekommt das Problem eine neue Wendung. Das Paket, das dort erwähnt wird, ist schnell installiert und tut tatsächlich, was es soll (und sogar ein bisschen mehr). Und dadurch werden einige Anweisungen, die ich ursprünglich brauchte, überflüssig. Während sich eine andere als äußerst hinderlich erwiesen hatte. Man kann nämlich das Language Environment in Emacs nicht nur auf Sprachen, sondern auch auf Kodierungen einstellen, also auch auf UTF-8 direkt, wie man hier sieht. Erst damit werden alle neuen Dateien unmittelbar in UTF-8 angelegt. Für die Festlegung auf Unicode braucht es freilich noch mehr Zeilen Code, aber seitdem funktioniert alles wunderbar.

Die derzeit richtige Lösung, mit der alle Mac-spezifischen Ärgernissen, die mir bisher untergekommen sind, abgeholfen wird, wäre demnach wohl die folgende, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dabei immer noch Teile mittlerweile obsolet und daher unnötig sind, ich belasse diese Zeilen aber vorsorglich mal in meiner .emacs, denn sie schaden jedenfalls nicht:

(require 'exec-path-from-shell)
(exec-path-from-shell-initialize)
(set-default-coding-systems 'utf-8)
;;
;; Ist folgendes veraltet? Jedenfalls schadet es nicht.
;;
(prefer-coding-system 'utf-8)
(set-default-coding-systems 'utf-8)
(set-terminal-coding-system 'utf-8)
(set-keyboard-coding-system 'utf-8)
(if (boundp 'buffer-file-coding-system)
    (setq-default buffer-file-coding-system 'utf-8)
  (setq default-buffer-file-coding-system 'utf-8))
(setq x-select-request-type '(UTF8_STRING COMPOUND_TEXT TEXT STRING))
;;
;; Beim Öffnen von Dateien aus dem Finder per Doppelklick werden neue
;; Buffer im bestehenden Frame geöffnet: 
;;
(setq ns-pop-up-frames nil)
;;
;; Tastaturbelegung
;;
(setq mac-command-modifier 'meta) ;; Cmd/Apfel wird zum Meta Key
(setq mac-option-modifier nil) ;; Option hat keine Funktion in Emacs
(setq ns-alternate-modifier 'none)
;;
;; für Flyspell/aspell:
;;
(setenv "LANG" "de_DE.UTF-8")
(set-locale-environment "de_DE")
(set-language-environment "UTF-8")
(add-hook 'text-mode-hook 'flyspell-mode)

Ob ich nun noch Flymake oder Flycheck verwenden werde, mag die Zukunft weisen.

Emacs 29.1 V

Beim Org-Mode werde ich auch weiterhin nur die Outliner- und die Publisher-Funktionen nutzen und mein Projektmanagement in Thunderbird belassen. Die Bedienung ist mir bei der Zeit- und Terminverwaltung in Org-Mode nicht eingängig genug. Das lenkt einen zu sehr vom Inhalt ab. Dann lieber ein anderes Tool, das auch funktioniert, zumal man auf Bugreports derzeit bei Thunderbird sehr schnell reagiert.

Damit wäre der Umstieg von Aquamacs auf Emacs 29.1 abgeschlossen.

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