Donnerstag, 17. März 2016
E-Book und Book-Book IV
Sozusagen im Vorprogramm der Leipziger Buchmesse hat sich Birgit Zimmermann für die Nachrichtenagentur DPA mit dem Abklingen des E-Book-Hypes beschäftigt (via VÖBBLOG).
Zur Erinnerung: Der Hype-Zyklus nach Gartner beschreibt den Verlauf der öffentlichen Aufmerksamkeit für ein neues, innovatives Produkt: Die Kurve beginnt bei den early adopters, steigt dann steil an, bis sie den Gipfel der überzogenen Erwartungen erreicht hat, fällt bis auf ein absolutes Minimum und steigt dann, wenn die late adopters, also der Massenmarkt, endlich aufspringen, auf ein realistisches Niveau, auf dem sich die Nutzung des Guts stabilisiert. Entweder ist es bis dahin akzeptiert worden, oder es verschwindet wieder vom Markt, weil bis dahin allgemein bekannt geworden ist, daß es keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber den ursprünglich geweckten Erwartungen bietet.
So ist es auch mit den E-Books gekommen. Der Börsenverein beziffert die Umsätze mit den Buch-Substituten im Zeitraum 2010 bis heute zwischen 0,5 und 4,5 Prozent vom Gesamtmarkt, nimmt davon aber Fach- und Schulbücher sowie Selfpublisher und Abo-Modelle aus. Wenn man diese einbezieht, gelangen die Verlage auf „niedrig zweistellige“ Umsatzanteile – im Vergleich zu einem Viertel in den USA. Als Hauptgrund für diesen Unterschied wird vor allem die Buchpreisbindung genannt, die auch weiterhin für ein dichtes Netz an Buchhandlungen in Deutschland sorge. Außerdem die schöne Ausstattung der Bücher hierzulande.
Das ist eine interessante Wasserstandsmeldung, denn sie deckt sich nicht mit meinem Eindruck als S-Bahn-Fahrer, wo in den letzten Jahren die E-Book-Reader und die Tablets, auf denen unterwegs sehr oft E-Books gelesen werden, zugenommen haben. Die gebrauchten Tablets, übrigens, denn wer möchte schon ein Gerät, das so teuer wie ein billiger Laptop ist, im öffentlichen Nahverkehr, abends gar, offen in der Hand halten, wenn er unterwegs ist. Und der billige Reader taugt nicht lang, wie man hört. Das E-Book – das wäre ein weiteres Monitum an dem Bericht – ist nicht nur zur Urlaubszeit in der Breite angekommen, sondern ganz offensichtlich ganzjährig. Nutzung und Absatz sind eben zwei Paar Schuhe.
„Das imaginäre Museum“ im MMK Frankfurt am Main
Während die türkische Zeitung Zaman vom staatlichen Zensor fortgeführt wird, denkt man bei ResearchBuzz darüber nach, Second-Level-Archive, etwa über das Internet Archive, aufzubauen. Wobei das Internet Archive selbstverständlich rechtswidrig verfährt, weil es sich um das Urheberrecht an den Inhalten, die es automatisiert einsammelt, speichert und dann zeitlich unbefristet zum Abruf bereithält, überhaupt nicht schert (via digithek, via Archivalia).
Gleichwohl ist die Frage zu stellen, wie staatlich oder sonst unerwünschte Kritik gegen ein solches Vorgehen und gegen das Verschwinden aus der Öffentlichkeit verteidigt und erhalten werden könnte. Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst spielt ein ähnliches Szenario in einer Ausstellung durch, die am 24. März 2016 eröffnet wird: Das imaginäre Museum spinnt Ray Bradburys Fahrenheit 451 weiter – nicht, wie dort, die Literatur, sondern, hier, die Kunst ist von der Auslöschung bedroht. Angelehnt an das Musée imaginaire von André Malraux, sollen sich die Besucher die ausgestellten Kunstwerke einprägen, um sie auch nach ihrem Verschwinden lebendig zu erhalten. Zum Schluß der Schau soll es Gelegenheit geben, die Ausstellungsräume noch einmal leer zu begehen, um diesen Effekt wirklich zu erfahren.
Passend dazu ist, daß das CMS der Museums-Website leider so dilettantisch konfiguriert wurde, daß es keine Permalinks auf die dortigen Seiten gibt. Deshalb kann man die Vorinformation über die Ausstellung schon heute nicht verlinken, so daß ich auf die Presseinfo ausweiche.
„Das imaginäre Museum. Werke aus dem Centre Pompidou, der Tate und dem MMK“ im Museum für Moderne Kunst, MMK2, Frankfurt am Main, 24. März bis 4. September 2016.
Verdienstvoll
Der Schriftsteller und Konkret-Autor Michael Scharang hat die Verleihung des „Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien“ abgelehnt: „Von Kindheit an habe ich als ungerecht empfunden, dass körperliche Arbeit weniger geschätzt wird als geistige. Für mich ist eine gute Straßenbeleuchtung ebenso wertvoll wie ein guter literarischer Text.“ Das berichtet die Zeitung Die Presse, gestützt auf die Nachrichtenagentur APA (via Volltext).