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Als es anfing II

In der kalten Sonne ein Paddelboot, das ruhig seine Kreise zieht und dann wieder heimkehrt. Der Tisch gedeckt mit Krustenbibeln. Matschig und tiefrot in Salami getränkt. Niemand kennt den Weg zu der großen Bar, aber alle wollen ihn gehen. Was kann man denn da machen? Die Brücke ist wackelig, und sie schwankt im Wind der blaubemoosten Lupinen. Wer es besser wüßte, würde er anders laufen als wir? Tanzen oder stolpern? Am Ende doch wieder schön, nicht wahr. Sehr schön. Aber was kann schon passieren, wenn man die Aufkleber mitnimmt? Wozu? Wenn man ankreuzt, was man für richtig hält? Und wer reitet schließlich mit der Schönen um das große blaue Haus herum, das am See steht, bevor der große Zug abfährt?

Als es anfing

Man muß sich diese Schwelle als etwas Hügeliges vorstellen, das sich leicht erhebt, um dann gleich wieder sich abzusenken. Als einen Übergang in eine Enge hinein, dunkel und stickig. Draußen graue Wolken. Und Kaffeetassen zum Teetrinken. Kerzenlicht aus Projektoren fließt samtartig an den Wänden herab. Aufkleber und so. Als eine Enge, die sich dann wieder weitet am dritten Tag. Gut geerdet beginnt der Morgen mit einem Müsli aus Glasscherben und dem Blick auf den zugefrorenen See, vom Morgenwind bewegt, schlagen die Wellen gegen den Steg. Keine Reise zu weit, kein Weg zu holprig. Immer nur nehmen? Warum nicht, sagt die Schlange, die nichts zu geben hat. Der letzte Tisch ist sparsam gedeckt. Wenn Marie das gewußt hätte, hätte sie ganz bestimmt die Flamme für sich behalten. Ein Kartenhaus aus lauter Backsteinen errichtet, mitten im November, als der Frühling gerade einsetzte. Die kalte Sonne brennt auf die bewollte Haut, und der Sand weht überall hin, wo eben noch die Krokusse saßen und strickten.

Und meine Traurigkeit zerreißt den Himmel

Dreizehn Grad im Januar und Dämmerung. Sie nennen es Transfer. Über den Fluß, über die große Straße über den anderen Fluß, hinter den sieben Bergen liegt die kleine Stadt. Schnelle Reiter auf dem Weg überholen den Kutscher mit den dreizehn Eseln. Wolken zerteilt von einem Meer von Riesen, getrieben von einem nicht endenden Strom, der heimwärts weist. Taghell, doch kein Sonnenstrahl. Das Tor stand offen, als ich kam und als ich ging. Der weiche Hügel zeigt nach Süden. Odysseus und Medea auf der Hochzeitsreise zum Schafott. Elektrisch endet alles und stirbt auch immer ein bißchen mehr. Schlechter als je. Deutlicher denn je erweist sich der Weg als Problem, wo sich alles teilt, ohne Rücksicht, ohne Sinn. Allison Crowe im iPod. Und meine Traurigkeit zerreißt den Himmel.

Aufheben

Älterwerden bedeutet, daß der Jahresablauf immer mehr Erinnerungen wachruft an Erlebnisse, die Wendepunkte waren. Daß es überhaupt so etwas wie Wendepunkte gibt, an denen sich etwas grundlegend geändert hat. „Das war Ende Januar.“ – „Als das passierte, war es Anfang November.“ So erhält das Leben eine Prägung. Es wird einzigartig durch die Erinnerung, durch die Erfahrung. Die Vergangenheit wird aufgehoben, und die Aufgabe, die sich damit stellt, besteht darin, beim Älterwerden nicht zu erstarren. Das Aufheben des Gestern im Heute soll dem Fortschreiten nicht im Weg stehen. Es soll nicht zur Kette werden, an die man sich selber legt, sondern es soll zum Leben hin führen, indem es der eigenen Reifung dienlich gemacht wird. Sonst führt es in den Tod. „He not busy being born is busy dying.“ Das gelingt mir heute nicht so recht. Heute ist ein trauriger Tag.

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