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Emacs 29.1 VII

Beim Umstieg von macOS Monterey auf Ventura war auffällig, dass die neu hinzugekommenen Programme, wie beispielsweise die Uhr, nicht mehr konfigurierbar sind. Es gibt kein Preference Pane, man kann sie nur noch so benutzen, wie sie angeboten werden. Ich kann mir also beispielsweise beim Timer nicht einstellen, ob er digital (mit rückwärts laufenden Zahlen) oder analog (mit rückwärts laufenden Uhrzeigern auf einem Ziffernblatt) dargestellt werden soll.

Das ist beim Emacs ganz anders. Konfigurationsfragen stellen sich ständig. Mit dem Emacs zu arbeiten, heißt, ihn zu konfigurieren, und dazu gibt es eine eigene Sprache, Emacs Lisp.

Fangen wir also beim Anfang an. Dieser Teil meiner Reise durch Emacs und Umgebung begann beim Einrichten von Flyspell. Das ist die Rechtschreibprüfung, die Emacs von Hause aus mitbringt. Ich hatte zwar meine Dissertation seinerzeit vollständig ohne Rechtschreibkorrektur (und übrigens auch ohne die Literaturverwaltung BibTeX – Biblatex und Biber gabs damals noch nicht) geschrieben. Aber besser wäre gewesen mit, wie ich mittlerweile weiß. Aquamacs greift sogar auf die Rechtschreibprüfung von macOS zurück, was auf der Plattform freilich optimal ist. Aber wir wollen ja jetzt erstmal lieber nur mit freien und quelloffenen Lösungen arbeiten, und das heißt in diesem Fall: mit aspell.

Der Anlass zum näheren Hinschauen waren letztlich zwei Probleme, die beim Konfigurieren meines Emacs auftraten: Flyspell tat nicht einfach mal so eben, was es soll. Und nachdem ich das gelöst hatte, kam noch ein weiteres Problem hinzu: Beim Schreiben der nächsten Folge meiner Neuen Pakete auf CTAN für die TeXnische Komödie stieß ich auf die Neuerung, dass dtk.cls nun das Kompilieren mit LuaLaTeX nicht nur nahelegt, sondern verlangt. LuaTeX brach seinen Lauf aber beim Aufruf aus dem Emacs schnell wieder ab und verabschiedete sich mit einem Output von null Seiten. Die vorläufige Lösung für beide Probleme hatte ich schon vor ein paar Tagen vorgestellt.

Die Merkwürdigkeiten, auf die ich damals gestoßen war, ließen mich freilich nicht ruhen, ich las weiter und weiter und stieß dabei im Emacs-Manual im Kapitel zu Emacs unter macOS auf einen Abschnitt, der das grundlegende Problem ansprach, den Leser dann am Ende aber auch ziemlich allein zurücklässt:

Many programs which may run under Emacs, like latex or man, depend on the settings of environment variables. If Emacs is launched from the shell, it will automatically inherit these environment variables and its subprocesses will inherit them from it. But if Emacs is launched from the Finder it is not a descendant of any shell, so its environment variables haven’t been set, which often causes the subprocesses it launches to behave differently than they would when launched from the shell.

For the PATH and MANPATH variables, a system-wide method of setting PATH is recommended on macOS, using the ‘/etc/paths’ files and the ‘/etc/paths.d’ directory.

Wer das Vorgehen beim Konfigurieren von Emacs mag, das sich zwischen beinahe detektivischer Recherchearbeit, Programmieren, Technik, Informationswissenschaft und Praxis bewegt, für den könnte der Emacs ebenfalls der Editor der Wahl sein. Für alle anderen möglicherweise nicht. Typisch ist nicht nur, dass man immer wieder mit solchen halben Sachen wie dem vorstehenden Absatz ziemlich dumm dasteht, sondern auch, dass sehr viele veraltete Empfehlungen und Code-Schnipsel im Netz um Umlauf sind, die sich auf ältere Versionen von Emacs oder von Ergänzungspaketen beziehen. Da werden Variablen konfiguriert, die es mittlerweile gar nicht mehr gibt, was im einfachsten Falle schlicht folgenlos bleibt, im schlechteren Fall aber zu Fehlermeldungen, die ein blutiger Laie kaum beheben könnte. Es werden Befehle bereitgestellt, die ehemals Probleme umgehen sollten, die aber in neueren Versionen von Emacs gar nicht mehr bestehen. Manchmal ist nicht sicher, ob eine Empfehlung, die vermeintlich funktioniert, auch heute immer noch die bestmögliche Lösung für ein bestimmtes Problem ist. Man sollte deshalb tunlichst darauf achten, aus welcher Zeit eine Empfehlung stammt und ob sich seitdem in der Emacs- und in der Paket-Entwicklung etwas getan hat – und falls ja, was?

Immerhin gibt es für das Problem, auf das das Emacs-Manual hinweist, wiederum ein Paket. Ich fand es, als ich später, nach meinem letzten Blogpost zum Thema, eigentlich nach etwas ganz anderem suchte. Nachdem die Rechtschreibprüfung einigermaßen lief, hätte ich sowas gerne auch für Quelltexte gehabt und stieß auf Flymake (schon eingebaut) und Flycheck (nachzuinstallieren). Und auf der Website von Flycheck finden wir folgenden Hinweis:

Flycheck can’t find any programs in GUI Emacs on MacOS

Try to install and configure exec-path-from-shell to make a GUI Emacs inherit the $PATH environment variable from your shell configuration.

The issue is that due to the special way MacOS starts GUI programs a GUI Emacs does not inherit the environment variables from the shell configuration so Emacs will lack some important entries in $PATH, most notably /usr/local/bin/ where Homebrew, NPM and many other package managers put binaries in.

The exec-path-from-shell works around this issue by extracting environment variables from a shell session and inject them into the environment of the running Emacs instance.

Und damit bekommt das Problem eine neue Wendung. Das Paket, das dort erwähnt wird, ist schnell installiert und tut tatsächlich, was es soll (und sogar ein bisschen mehr). Und dadurch werden einige Anweisungen, die ich ursprünglich brauchte, überflüssig. Während sich eine andere als äußerst hinderlich erwiesen hatte. Man kann nämlich das Language Environment in Emacs nicht nur auf Sprachen, sondern auch auf Kodierungen einstellen, also auch auf UTF-8 direkt, wie man hier sieht. Erst damit werden alle neuen Dateien unmittelbar in UTF-8 angelegt. Für die Festlegung auf Unicode braucht es freilich noch mehr Zeilen Code, aber seitdem funktioniert alles wunderbar.

Die derzeit richtige Lösung, mit der alle Mac-spezifischen Ärgernissen, die mir bisher untergekommen sind, abgeholfen wird, wäre demnach wohl die folgende, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dabei immer noch Teile mittlerweile obsolet und daher unnötig sind, ich belasse diese Zeilen aber vorsorglich mal in meiner .emacs, denn sie schaden jedenfalls nicht:

(require 'exec-path-from-shell)
(exec-path-from-shell-initialize)
(set-default-coding-systems 'utf-8)
;;
;; Ist folgendes veraltet? Jedenfalls schadet es nicht.
;;
(prefer-coding-system 'utf-8)
(set-default-coding-systems 'utf-8)
(set-terminal-coding-system 'utf-8)
(set-keyboard-coding-system 'utf-8)
(if (boundp 'buffer-file-coding-system)
    (setq-default buffer-file-coding-system 'utf-8)
  (setq default-buffer-file-coding-system 'utf-8))
(setq x-select-request-type '(UTF8_STRING COMPOUND_TEXT TEXT STRING))
;;
;; Beim Öffnen von Dateien aus dem Finder per Doppelklick werden neue
;; Buffer im bestehenden Frame geöffnet: 
;;
(setq ns-pop-up-frames nil)
;;
;; Tastaturbelegung
;;
(setq mac-command-modifier 'meta) ;; Cmd/Apfel wird zum Meta Key
(setq mac-option-modifier nil) ;; Option hat keine Funktion in Emacs
(setq ns-alternate-modifier 'none)
;;
;; für Flyspell/aspell:
;;
(setenv "LANG" "de_DE.UTF-8")
(set-locale-environment "de_DE")
(set-language-environment "UTF-8")
(add-hook 'text-mode-hook 'flyspell-mode)

Ob ich nun noch Flymake oder Flycheck verwenden werde, mag die Zukunft weisen.

Emacs 29.1 IV

Zu den Features, die in Emacs 29.1 nicht out of the box funktionieren, zählt die Rechtschreibprüfung Flyspell. Je nach Emacs-Version und Betriebssystem sind verschiedene Anleitungen und Diskussionen zu finden. Unter macOS Ventura funktionierte bei mir folgendes:

  • Aspell über Homebrew nachinstallieren.
  • Load Path und Exec Path setzen (zu Wörterbuch und zu aspell).
  • $LANG in Emacs setzen. Die Locale wurde zwar schon von macOS richtig gesetzt, Emacs bekommt davon aber nichts mit.
  • $LANG und auch die restliche Locale müssen auf de_DE zeigen, und auch das Language Environment muss German sein, sagt das Emacs Manual. Sonst funktioniert LuaTeX nicht.
  • Und nun Flyspell als Minor Mode für die Text Modes aktivieren.
(add-to-list 'load-path "/opt/homebrew/bin/")
(setq exec-path (append "/opt/homebrew/bin/" exec-path))
(add-to-list 'load-path "/opt/homebrew/Cellar/aspell/0.60.8/lib/aspell-0.60")
(setenv "LANG" "de_DE.UTF-8")
(set-locale-environment "de_DE")
(set-language-environment "German")
(add-hook 'text-mode-hook 'flyspell-mode)

M-x flyspell-mode

Welcome to Flyspell.

Es gibt widersprüchliche Ratschläge darüber, wie man Flyspell mit mehreren Sprachen zum Laufen bringt – vorstehend sehen wir nur eine Locale. Da es nicht die Locale des Systems ist, können wir sie ändern, ohne dass es weitere Auswirkungen hat. Man kann also beispielsweise das Wörterbuch für Englisch oder für Esperanto statt für Deutsch einbinden, in dem man de durch en oder eo ersetzt. Dann muss Emacs neu gestartet werden, ein erneutes Laden des Init Files reicht nicht aus. Das funktioniert aber nur für eine Sprache, nicht für mehrere. Still digging!

Update vom 20. August 2023: In der ursprünglichen Fassung des Blogposts hatte ich eine unvollständige Lösung vorgeschlagen. Ein Update von dtk.cls zwang mich gestern, weiter zu graben. Da dtk.cls seit neuestem LuaLaTeX erzwingt, stieß ich auf ein Problem, das, wie eine Suche auf StackExchange ergab, zwar seit längerem schon bekannt ist, mich aber noch nicht erreicht hatte. Wahrscheinlich hatte mich der alte Aquamacs bisher davor bewahrt.

LuaTeX ist etwas zickig und möchte die Locale beim Aufruf mitnehmen. Was unproblematisch ist, wenn man es aus dem Terminal aufruft. Beim Aufruf aus dem Editor heraus, muss es aber in der dortigen Shell ebenfalls eine Locale geben, mit der LuaTeX etwas anfangen kann, und das ist bei Emacs ebenfalls nicht out of the box der Fall. Es reicht also nicht, $LANG in der .emacs zu setzen, es braucht auch eine Locale und, so das Manual, ein passendes Language Environment in Emacs.

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