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Firefox beerdigt RSS-Feeds

Vielleicht hat es der eine oder die andere noch nicht bemerkt: Firefox beerdigt RSS- und Atom-Feeds ab Version 63/64, die Ende des Jahres veröffentlicht werden. Betroffen sind sowohl die Darstellung im Browser als auch die Live-Bookmarks. Einen Ersatz für die bisherige Implementierung gibt es nicht. Nach der Umsetzung wird man Feeds in Firefox nur noch per Extension lesen können, die derzeit verfügbaren Erweiterungen sind aber eher darauf angelegt, einen möglichst vollständigen Feedreader im Webbrowser bereitzustellen, eine leichtgewichtige Lösung wie den bisherigen Standard gibt es nicht. Nach der Entfernung des Feedreaders werden die Bookmarks in eine OPML-Datei exportiert, die man in einer anderen Anwendung importieren kann, falls man das möchte.

Sören Hentzschel erklärt und verteidigt in seinem Blog den Hintergrund zu der Entscheidung aus der Sicht von Mozilla: Betroffen seien nur 0,1 Prozent der Benutzer, und die Komponenten, auf denen der Feedreader in Firefox aufbaut, ständen der Modernisierung des Webbrowsers im Wege. Eine Neuentwicklung des Feedreaders lohne sich nicht.

Angesichts dessen möchte ich nun nicht gleich den Untergang des Abendlands vorhersagen, aber eine Unterstützung des freien und offenen Webs, die sich Mozilla immer wieder auf seine Fahnen und in seine PR geschrieben hat, sähe natürlich ganz anders aus. Darüber hatte ich schon 2016 geklagt. Firefox entfernt sich damit immer mehr von einem effizienten Arbeitspferd für den Webworker und für die offene Gesellschaft – und gerade in einem Augenblick, in dem die Wiederkehr der Feeds angesagt ist, werden sie von Mozilla nicht mehr unterstützt. Damit fällt eine Technik aus, die es ermöglicht, sich abseits von verzerrenden und manipulierenden Algorithmen in Suchmaschinen und auf Sozialen Netzwerken zu informieren. So etwas sollte standardmäßig zur Verfügung stehen, nicht erst als eine nette Bastelei, die man erst einmal finden und hinzu installieren muss. Meine Erfahrungen aus acht Jahren IT-Schulungen in der Erwachsenenbildung zeigt, dass die Mehrheit Webfeeds nicht kennt, wenn man es den Menschen aber erklärt und zeigt, verstehen sie die Technik und ihren Nutzen sofort und setzen sie auch ein.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass auch FTP schrittweise aus Firefox entfernt wird?

TUG2018 und Aquamacs 3.4

Auch bei der anhaltenden Hitzewelle gibt es Neues zu LaTeX und Umfeld zu vermelden:

  • Die Jahrestagung der TeX Users Group TUG2018 fand am vergangenen Wochenende in Rio de Janeiro statt. Sie wurde drei Tage lang live auf YouTube übertragen, und die einzelnen Beiträge sind seit vorgestern im Kanal des Instituto de Matemática Pura e Aplicada abrufbar – wenn ich es richtig sehe, wurden sie in der Reihenfolge des Programms eingestellt. Dort sind die Abstracts verlinkt, zu einigen Beiträgen gibt es Preprints der dazugehörigen Proceedings, die demnächst in der Zeitschrift TUGboat erscheinen werden. Hervorzuheben sind die beiden Vorträge von Frank Mittelbach über A quarter century of doc und über Compatibility in the world of LaTeX sprach. Den Preprint A rollback concept for packages and classes gibts schon länger auf der Website des LaTeX Project zu lesen. Hinzu trat in diesem Jahr die Beschäftigung mit barrierefreien PDFs, die pdfLaTeX nicht out of the box erzeugen kann. Weil sie immer öfter für digitale Veröffentlichungen nachgefragt (und teilweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften an vielen Universitäten bzw. in vielen Ländern verlangt) werden, kommt aber auch die TeX-Gemeinde nicht mehr um sie herum. Ross Moor sprach über Authoring accessible `Tagged PDF' documents using LaTeX und Sandro Coriasco stellte in An automated method based on LaTeX for the realization of accessible PDF documents containing formulae das neue Paket axessibility vor – dazu heute ein Nachtrag von Anna Capietto in der Mailingliste accessibility. Joseph Wright hat in seinem Blog über die drei Tage der Tagung berichtet.

  • Am Rande der Konferenz hat Stefan Kottwitz die Eröffnung seines dritten lokalisierten TeX-Webforums bekanntgegeben. Nach der deutschen TeXwelt und der französischen TeXnique gibt es nun auch latex.net.br in brasilianischem Portugiesisch.

  • Und heute, schließlich, hat David Reitter Aquamacs 3.4 veröffentlicht. Der neue Release beruht nicht auf dem neuesten Emacs 26, sondern noch auf dem Vorgänger GNU Emacs 25.3.50. Es ist gleichwohl kein reines Update, sondern bringt auch ein paar Veränderungen unter der Haube mit. So wurde das Scrollen mit dem Touchpad besser an den Mac angepasst. Außerdem wurde die Druckausgabe deutlich verbessert. AUCTeX hat jetzt Version 12.1. Wer mehr über den Ansatz von Aquamacs erfahren möchte, möge die Übersicht der Features nachlesen. An der Konfiguration hat sich nach meinem ersten Eindruck nichts geändert; die Aquamacs-Seiten, die David Reitter im EmacsWiki pflegt, sind auch unverändert geblieben. Viel Zeit für einen Test gab es nicht: Der Release folgte dem Pretest schon nach einem Tag. Ich verwende Aquamacs schon mehrere Jahre, allerdings ohne die macOS-Anpassungen; wie man sie los wird, erklärt der Entwickler im EmacsWiki. Aquamacs läuft ab macOS 10.9. Mehr über den Hintergrund hatte ich 2015 geschrieben. Das Konkurrenzprojekt ist Emacs For Mac OS X, das keinerlei Erweiterungen und eigene Konfiguration bereitstellt, sondern nur die Emacs-Binaries für den Mac.

Englische TeX-FAQ neu aufgesetzt

Die große Zeit der FAQs ist eigentlich vorbei. Ihr Ursprung lag in den Mailinglisten und im Usenet, wo die Regulars es leid waren, immer wieder dieselben Fragen zu beantworten. Deshalb stellten sie Listen zusammen von häufig gestellten Fragen und häufig daraufhin gegebenen Antworten. Sie werden noch heute bei faqs.org gesammelt, aber man sieht, das letzte Update liegt schon eine Weile zurück.

Die deutsche TeX-FAQ Fragen und Antworten (FAQ) über das Textsatzsystem TeX und DANTE, Deutschsprachige Anwendervereinigung TeX e.V. von Bernd Raichle, Rolf Niepraschk und Thomas Hafner wurde bis 2003 in elf Teilen in de.comp.text.tex gepostet, meistens sonntags, und das war aufgrund der langen Haltezeiten auf den Newsservern ein zentraler Informationskanal. Daneben gab es Fassungen als PDF auf CTAN und in HTML für das Web.

Mit dem Aufkommen der Wikis in der ersten Hälfte der 2000er-Jahre ließ das Interesse an den FAQs nach. Gleichzeitig sank die Bedeutung des Usenets. Die Blogs und die Webforen traten an seine Stelle, später auch die Sozialen Netzwerke. Außerdem wurde nun gegoogelt; das Suchen ersetzte die Diskussion. Seit Ende der 2000er-Jahre gab es wieder einen regelmäßigen Pointer in de.comp.text.tex, der aber keine Inhalte mehr bereitstellte, sondern, wie der Name schon sagt, nur auf Ressourcen im Web verweist. Die Einführung in dctt wurde wohl bis Dezember 2015 gepostet.

Nach einem Intermezzo im Vereinswiki von DANTE kam es zum vollständigen kollaborativen Neuschrieb der deutschen FAQ auf texfragen.de, begonnen von Patrick Gundlach und seit 2017/2018 fortgeführt von Stefan Kottwitz. Ein PDF-Export aus dem Dokuwiki steht auf CTAN bereit, derzeit allerdings auf dem Stand von 2013. Das Wiki ist also aktueller als der auf CTAN verfügbare Export.

Daneben gab und gibt es die umfangreiche und – ich glaube, man kann es mit Recht so sagen – bis heute nicht erreichte UK TeX FAQ, in der Robin Fairbairns zuletzt 469 Fragen und Antworten nicht nur gesammelt, sondern auch in eine sehr lesbare Form gebracht hatte. Aus Robins FAQ hatte auch ich über die Jahre immer wieder einiges gelernt. Leider stammt die letzte Fassung in der Version 3.28 aus dem Sommer 2014, was in der heutigen Zeit auch in der TeX-Welt schon ein ziemlich langer Moment ist. Robin Fairbairns hat zudem, seit er den Ruhestand angetreten hatte, seine Mitarbeit im CTAN-Team und seine Beiträge für die FAQ eingstellt.

Zum vierten Jahrestag der Veröffentlichung der letzten Fassung haben nun David Carlisle, Stefan Kottwitz, Karl Berry und Joseph Wright bekanntgegegen, dass sie die englische FAQ weiter pflegen möchten – die Liste der bisherigen Beiträger aus früheren Tagen ist freilich etwas länger. Um die Textsammlung weiter bearbeiten zu können, wurden die Quellen nach Markdown konvertiert und in ein Repository auf GitHub übetragen. Mittels GitHub Pages kann die FAQ von dort aus unmittelbar und ohne einen weiteren Zwischenschritt gehostet und unmittelbar als Website gelesen werden. Die kanonische URL ist von nun an texfaq.github.io bzw. texfaq.org. Und auch der Name wurde leicht geändert: Aus UK TeX FAQ wurde The TeX Frequently Asked Question List.

Und obwohl, wie eingangs erwähnt, die FAQs durch die Webforen und die Suchmaschinen, die heutzutage fast alle Fragen direkt und schnell beantworten, etwas an den Rand gedrängt worden sind, ist dies alles ganz sicherlich eine gute Nachricht, denn eine freie und aktuelle Referenz zu TeX & Friends ist weiterhin sehr wünschenswert und auch notwendig. Ein längerer Text, der Grundlagen erklärt, Zusammenhänge herstellt und der auch gut lesbar ist.

Kritisch angemerkt sei die Frage, ob man für das Hosting tatsächlich auf die Infrastruktur eines kommerziellen Dienstes zurückgreifen sollte oder ob es nicht doch vorzugswürdig wäre, die Web-Version auf einem eigenen Hosting zu betreiben? Oder gleich auf CTAN? Es sollte heute eigentlich kein Problem mehr sein, zumindest tägliche Snapshots aus einem Repositorium auf CTAN für das Web zu spiegeln.

Update 13. Juni 2018: Ich vergaß ja ganz, dass es auch etwas wirklich Neues in Bezug auf die englische FAQ anzumerken gibt: Sie wurde nunmehr unter eine CC-0-Lizenz gestellt.

LaTeX lebt

Dear TeXers,

Summer with its conferences is upon us. I am writing this text after a full day at the Joint Conference on Digital Libraries at Fort Worth, TX. As befits JCDL, at registration we were given the proceedings volume in digital form. By the way, I've run pdfinfo on the files and found out that of 102 papers presented there, 68 were typeset in TeX. I think the rumors of the imminent demise of TeX in the academic world are somewhat exaggerated. […]

Boris Veytsman, TeX Announce Mailing List, 7. Juni 2018.

ZoteroBib

ZoteroBib ist eine Web-Lösung, die auf der Literaturverwaltung Zotero aufsetzt und sich wohl an Anwender richtet, die Zotero (noch) nicht installiert haben. Der Blogpost aus der vergangenen Nacht gibt eine etwas ausführlichere Einführung. Einträge können per URL, ISBN oder DOI erstellt und im lokalen Browser-Cache gesammelt werden (wenn man das zulässt). Man kann also weitersurfen und immer wieder zu der Seite zurückkehren. Jeder Eintrag kann händisch nachbearbeitet werden, was z.B. notwendig wird, wenn das Tool Probleme mit Umlauten hat. Die Formatierung erfolgt über das bekannte Reservoir an den in Zotero verfügbaren Zitierstilen (derzeit sind es über 9000, wie man liest). Am Ende können sowohl einzelne Einträge als auch die komplette Literaturliste formatiert exportiert werden, entweder in die Zwischenablage, als Datei (RTF, RIS, BibTeX, HTML) oder direkt zur Übernahme ins lokal installierte Zotero. – Eine Notlösung, natürlich, wohl vor allem für mobile Anwender, die neugierig machen will in einem hart umkämpften Markt, in dem man bekanntlich nicht zimperlich ist, wenn es um Gratis-Varianten und Campus-Lizenzen geht.

TeX Live 2018 veröffentlicht

Installation von MacTeX 2018 PretestKarl Berry hat in der vergangenen Nacht den Release von TeX Live 2018 bekanntgegeben. Das Projekt ist früh dran – in den Vorjahren kam die neue Version der Distribution meist erst im Spätsommer heraus. Diesmal also rechtzeitig zur TeX-Tagung im polnischen Bachotek.

TeX Live 2018 ist die erste Version, die mit dem neuen LaTeX-Kernel ausgeliefert wird, der UTF-8 als Standard-Eingabekodierung auch für die Engine pdfTeX einführt – wer XeTeX oder LuaTeX verwendet, musste schon bisher direkt in UTF-8 arbeiten, alle anderen können es nun ebenfalls. Die meisten Benutzer sollten davon nichts bemerken, weil sie für alles, was über 7bit hinausging, schon immer auf das Paket inputenc angewiesen waren, das natürlich immer noch funktioniert, aber es ist doch ein Einschnitt in der TeX-Welt und kam auch erst recht kurzfristig vor dem Release der Distribution herein. Der Issue auf GitHub datiert vom 25. März, kurz darauf kamen die LaTeX News 28 mit der offiziellen Ankündigung heraus.

Soweit die Theorie. In der Praxis ruckelt es dagegen bisweilen noch heftig. Beispielsweise funktioniert derzeit das Paket csquotes für die Formatierung von Zitaten noch nicht ganz reibungslos mit UTF-8-kodierten Quelltexten. Davon sind auch Klassen und Pakete betroffen, die csquotes hinzuladen, wessen sich der Anwender bisher ggf. noch gar nicht bewusst war. In diesen Fällen kann ein beherztes \UseRawInputEncoding ganz zu Beginn eines LaTeX-Dokuments dafür sorgen, dass der Text dann doch noch kompiliert werden kann. Das ging auch früher schon, ist aber nur ein kruder Hack, denn LaTeX wählt dann wirklich genau das, was im Quelltext steht, und wendet keinerlei eigenes Mapping mehr an. An Abhilfe an den Paketen wird derzeit gearbeitet. Falls ein Dokument dagegen wegen einer Änderung im LaTeX-Kernel nicht mehr kompiliert, kann man mit dem Paket latexrelease immer eine frühere Version des Kernels auswählen.

Das obige Zitat hat es schon gezeigt: Die LaTeX-Entwicklung ist mittlerweile auf GitHub umgezogen, was zu einem sehr viel lebhafteren Kontakt mit der Nutzergemeinde geführt hat als das alte Repository plus Mailingliste.

Die übrigen Neuerungen von TeX Live 2018 gegenüber der Vorjahresversion halten sich dagegen in Grenzen: Für die meisten Diskussionen hatte bisher eine Änderung in der Bibliothek Kpathsea gesorgt, in deren Folge auf unixoiden Systemen einschließlich macOS bei erfolglosen Suchvorgängen eine weitere case-insensitive Suche durchgeführt wird. Im Manual wird beschrieben, wie man das abschalten kann. Bei LuaTeX wird der Umstieg auf Lua 5.3 vorbereitet; die Binary luatex53 ist auf den meisten Plattformen vorhanden, muss aber zu luatex umbenannt werden, damit man sie nutzen kann. Es gibt neue grafische Bedienoberflächen für den Paketmanager tlmgr, die auf die Namen tlshell und tlcockpit hören – ersteres funktioniert mit Tcl/Tk, das Cockpit dagegen mit einem möglichst rezenten Java. Auf dem Mac wurde es nicht getestet (und läuft bei mir auch nicht), wer mit macOS arbeitet, benötigt aber beide neuen Lösungen nicht, denn hier gibt es seit je die TeX Live Utility in MacTeX.

MacTeX 2018 enthält außerdem einige plattformspezifische Anpassungen und zusätzliche Anwendungen. Unterstützt werden in der aktuellen Version macOS 10.10 bis 10.13 (also Yosemite, El Capitan, Sierra und High Sierra). Für ältere Apple-Plattformen gibt es Binaries als x86_64-darwinlegacy. Mac OS X 10.5 Leopard fiel diesmal weg (dazu übrigens ein länglicher Thread in der macports-users-Liste, to whom it may concern), wie auch Windows XP erstmals nicht mehr unterstützt wird. (Update 29. April 2018: Windows XP wird schon seit 2014 in TeX Live nicht mehr berücksichtigt.)

Download von TeX Live 2018 in den nächsten Tagen von CTAN. Es empfiehlt sich, mit dem Herunterladen noch etwas abzuwarten, denn es wird definitiv ein paar Tage dauern, bis alle Spiegelserver auf dem neuesten Stand sind.

TeX Live 2018 ist dem polnischen TeX-Freund Staszek Wawrykiewicz gewidmet, der im Februar verstorben war. Norbert Preining hat in seinem Blog an ihn erinnert. – R.I.P.

pdfprivacy

A LaTeX package to remove or suppress pdf meta-data

Creating pdfs with pdfLaTeX populates several pdf meta-data fields such as date/time of creation/modification, information about the latex installation (e.g., pdfTeX version), and the relative paths of included pdfs. The pdfprivacy package provides support for emptying several of these pdf meta-data fields as well as suppressing some pdfTeX meta-data entries in the resulting pdf.

TeX Live 2016 Pretest hat begonnen

TeX Live 2015 ist am 6. April eingefroren worden. Alle Updates gehen seitdem nur noch in die Pretest-Version von TeX Live 2016 ein.

Nach einigen eher ruhigen Jahren, arbeitet das TL-Team derzeit an einem umfangreicheren Release mit vielen, teils tiefergehenden Änderungen. Betroffen ist vor allem LuaTeX. Seit Version 0.85 und 0.87 wurden viele pdfTeX-Primitiven geändert; wer also weiterhin kompatibel zu pdfTeX bleiben will oder muß, möge das Paket luatex85 hinzuladen, das vom LaTeX3-Projekt bereitgestellt wird. Zu den Paketen, die zuerst ausfielen, zählte insbesondere fontspec, mit dem auf System-Fonts zugegriffen werden kann.

Für Verdruß sorgt bei den ersten Testern den Berichten auf der TeX-Live-Mailingliste zufolge vor allem die Integration von GnuPG in den Paketmanager tlmgr. Wenn GnuPG lokal installiert ist, wird es von tlmgr verwendet, um anhand der Paket-Signatur die Integrität und die Echtheit der zu installierenden Pakete zu prüfen. Unterstützt werden sowohl GnuPG 1 als auch 2. Findet der Paketmanager kein GnuPG, gibt er eine entsprechende Warnung aus, fährt aber mit der Installation fort. Die Lösung mag halbherzig wirken, ist aber den Im- und Export-Beschränkungen für Kryptosoftware geschuldet. Norbert Preining erläuterte auf Nachfrage, Krypto-Programme dürften weiterhin nicht aus den USA ausgeführt werden; Zdenek Wagner ergänzte, für Frankreich gälte – umgekehrt – ein Einfuhr- und Verwendungsverbot. Deshalb könne GnuPG nicht mit TeX Live verteilt und installiert werden. Es verbleibt also dem Benutzer, dies zu tun. Unter OS X kann man GnuPG mittels Fink oder MacPorts, wahrscheinlich auch über Homebrew installieren. Dick Koch empfiehlt eine Anleitung, die lediglich XCode voraussetzt. Dabei würden keine zusätzlichen Bibliotheken in /usr/local installiert.

Weitere Änderungen in TeX Live 2016 betreffen vor allem pdfTeX und XeTeX. Neu aufgenommen wird der gerade veröffentlichte Indexprozessor upmendex.

Bei MacTeX haben die Entwickler vor den ständigen Änderungen von Apple kapituliert und das Preference Pane aus den Systemeinstellungen entfernt. Damit konnte man zwischen mehreren MacTeX-Versionen, die auf dem System installiert sind, live hin und her schalten; außerdem war es möglich, zwischen 32- und 64-Bit-Binaries zu wechseln. Wer schon ein solches Interface aus einer früheren Version von TeX Live dort installiert hat, kann es behalten, es soll immer noch funktionieren; die Funktion wird aber zukünftig in den Paketmanager TeX Live Utility integriert, ein graphisches Frontend zu tlmgr mit zusätzlichen Anpassungen für den Mac. Als ergänzendes Goodie enthält MacTeX 2016 Ghostscript 9.19 mit einem Skript von Norbert Preining zur Unterstützung von CJK-Schriften. Wer MacTeX einsetzt, um Texte in Chinesisch, Japanisch oder Koreanisch zu setzen, kann mit dem Terminal-Befehl sudo cjk-gs-integrate die entsprechende Ghostscript-Integration anstoßen.

Während der Pretest-Phase kann auch der Update-Mechanismus selbst getestet werden, wenn man tlmgr bzw. die TL-Utility auf ein Pretest-Repositorium richtet. Eine Liste der verfügbaren Pretest-Mirrors findet man hier.

Es bleibt also noch viel zu tun. Der Release von TL 2016 ist dennoch bereits für Anfang Juni vorgesehen.

Die alten Kanäle

Und immer, wenn man denkt, es gehe nicht mehr zurück, passiert etwas, das ist so retro, daß man es kaum glauben mag. Zum Beispiel hat die TeX Users Group gerade ihren Vorsitzenden seines Amts enthoben. Und dies ihren Mitgliedern per E-Mail mitgeteilt, nicht aber dem Rest der TeX-Welt. Mein lokales Mailinglisten-Archiv schweigt dazu. Mein Feedreader: dito. Aber das Usenet. Höre, die Trommel spricht! Nach langer Zeit schaue ich mal wieder in meine Newsgroups, und siehe da: Am 14. Oktober 2015 gab es dazu eine Ankündigung in comp.text.tex. Es gibt sie also noch, die alten Kanäle, und sie werden genutzt. Ich glaube, ich muß da mal wieder etwas mehr drauf achten in Zukunft …

Aquamacs auf Github

David Reitter hat auf der Mailingliste aquamacs-devel bekanntgegeben, daß das Repository des Projekts auf Github umgezogen wurde. Wie schon im August erwähnt, sei es nicht möglich gewesen, die Versionsgeschichte mitzunehmen. Das Git-Repository beginne daher im Jahr 2015.

Der nächste Release werde auf dem derzeit in Entwicklung befindlichen Emacs 25 beruhen und die notwendigen Anpassungen für OS X El Capitan enthalten, was aber wohl nicht ganz einfach zu bewerkstelligen ist – dies nicht nur aus technischen, sondern auch aus sozialen Gründen. David Reitter weist darauf hin, daß er mittlerweile beruflich stark in Anspruch genommen sei. Deshalb könne er keine Angaben über den zeitlichen Rahmen der Weiterentwicklung machen.

Aquamacs ist heute die letzte Emacs-Distribution für Mac OS X, die noch aktiv weiterentwickelt wird und die man als Binaries herunterladen kann. Ursprünglich gab es insoweit etwa eine Handvoll Projekte, die mittlerweile aber allesamt aufgegeben wurden. Aquamacs enthält viele Ergänzungen und eine grundlegende Konfiguration für den Einsatz auf dem Mac. Man kann ihn aber auch so konfigurieren, daß er sich wie ein Standard-Emacs verhält. Zusätzliche Modes und weitere Pakete, insbesondere AUCTeX zum Bearbeiten von TeX- und LaTeX-Projekten, sind schon einsatzbereit vorinstalliert.

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