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TeX Live 2020 veröffentlicht

TeX Live 2020 ist fertig und wurde jetzt auch offiziell veröffentlicht. Es wird noch bis zu einer Woche dauern, bis alle CTAN-Spiegelserver mit der neuen Version bestückt sind. Alle Neuigkeiten wurden hier zusammengefasst, der Link entlastet mich von einer Nacherzählung. Die meisten Anwender werden von den Neuerungen wahrscheinlich nichts bemerken, und diejenigen, die es angeht, sind mit dem Link gut informiert.

Speziell für den Mac ist zu beachten, dass MacTeX 2020 unter macOS 10.13 und höher läuft. Wie schon in den Vorjahren, werden nur die drei letzten von Apple noch gepflegten Plattformen von macOS unterstützt. Wer eine ältere Plattform einsetzt, muss also x86_64-darwinlegacy verwenden; die Binaries setzen Mac OS X 10.6 oder höher voraus.

Da die TeX Live Utility und BibDesk (noch) nicht notarisiert worden sind, sind sie nicht Teil von MacTeX, sondern müssen separat heruntergeladen werden (wir erinnern uns an Dick Kochs Posting vom letzten Sommer). Näheres dazu findet man im README von MacTeX und in der Datei MISSING APPS.pdf. Wer die beiden erwähnten Programme bereits von einer früheren Version von MacTeX in Applications/TeX installiert hatte, wird sie auch weiterhin dort vorfinden und benutzen können. Sie sollten, wie alle Bestandteile der Distribution, auf dem aktuellen Stand gehalten werden, und zumindest die Verwendung der TeX Live Utility ist für den teXnischen Unterbau dringend anzuraten, denn sie bedeutet eine enorme Erleichterung gegenüber dem Kommandozeilentool tlmgr als Paketmanager.

Wer sich längere Zeit nicht mehr mit der Entwicklung von LaTeX beschäftigt hatte, möge sich dringend die LaTeX News zu Gemüte führen, mindestens seit der Ausgabe Nr. 28, als UTF-8 zur Standardkodierung wurde. Vor zwei Monaten wurde das LaTeX3-Interface expl3 zu großen Teilen in den LaTeX-Kernel integriert. NFSS wurden schöne Erweiterungen spendiert. Und LuaTeX wurde mit HarfBuzz kombiniert.

Aquamacs unter neuer Leitung

Gestern notierte ich nur kurz, dass Aquamacs 3.5 freigegeben worden ist. Aquamacs ist eine Distribution des freien Editors Emacs für macOS, die eine Reihe von nützlichen Erweiterungen fertig vorkonfiguriert enthält und außerdem die üblichen Keybindings aus macOS mitbringt. Wer diese nicht nutzen möchte, sondern einen Emacs sucht, wie er ihn von anderen Plattformen her kennt, kann das sehr leicht zurückbiegen. Keine Sorge vor Emacs-Lisp: Als ich vor einigen Jahren mein System von Grund auf neu aufbaute, war Aquamacs die Anwendung, die als erstes einsatzbereit war. Ich mache fast alles, was ich mache, in Aquamacs mit org-mode und LaTeX. (Den Rest mache ich in LibreOffice, wenn es dafür gute Gründe gibt.)

Eine weitere Meldung lief in der darauffolgenden Nacht über die Mailinglisten: Der Entwickler von Aquamacs David Reitter, der Aquamacs erdacht und seit 2003 betrieben hatte, hat das Projekt verlassen. Es ist ein Abschied aus persönlichen Gründen. Viel ist passiert seitdem, es sah schon mal düster aus, was die Zukunft von Aquamacs anging, aber nach der Modernisierung durch den Umzug auf GitHub im Jahr 2015 wurden Schritt für Schritt Hindernisse aus dem Weg geschafft, die auch andere freie Softwareprojekte für den Mac zunehmend behindern. Im Falle von Aquamacs ging es um die Integration gnutls, die notwendig geworden war, weil die Unterstützung für openssl in macOS aus Emacs entfernt worden war. Diese steuerte Win Treese bei, der auch das Projekt insgesamt übernommen hat. Ich danke David für seine Mühe über die vielen Jahre hinweg, und ich hoffe, Aquamacs bleibt den Mac-Anwendern noch lange erhalten.

A propos Mac und Freie Software: Bei der gerade zuende gegangenen TUG 2019 berichtete Dick Koch über die Großen Veränderungen bei MacTeX, von denen die Anwender möglichst nichts bemerken sollten. Von den Hürden, die Apple den Entwicklern zunehmend in den Weg stellt, die die Vorteile, die Unix eigentlich für freie Lösungen bieten sollte, immer mehr schwinden lassen. Notarization und hardened runtimes machen es auch zunehmend schwerer, eine so komplexe Distribution wie MacTeX bereitzustellen. Wer es nicht glaubt, der lese Dicks Bericht. Die Probleme bei der Entwicklung des freien PDF-Viewers Skim, der auf PDFkit aufsetzt, möge man auf dessen Mailingliste nachvollziehen. Nicht schön. Das ständige Hase-und-Igel-Spiel durch jährliche System-Upgrades (früher gabs das alle zwei bis drei Jahre) erzeugt einen erheblichen Druck und tut ein übriges. Auch andere Projekte sind betroffen. Vor zwei Wochen kompilierte Poppler zum ersten Mal nicht bei meinen MacPorts unter High Sierra. Es könnte sein, dass die Zeiten, zu denen macOS eine gute Wahl für den Einsatz freier Software war, vorbei sind und der Wechsel zu Linux ernsthaft in Betracht kommt.

Aquamacs 3.5 Nightly Build

David Reitter bittet um Tests des Nightly Build von Aquamacs 3.5. Neu im Vergleich zur vorhergehenden Version ist die Integration von gnutls 3.6.8. Sie war notwendig geworden, weil die Unterstützung für openssl in macOS aus Emacs entfernt worden war. Aquamacs 3.5 setzt deshalb mindestens Mac OS X El Capitan voraus. Den Code zur Integration von gnutls in Aquamacs steuerte Win Treese bei. Außerdem gab es Updates der vielen ergänzenden Pakete, die in in Aquamacs integriert sind. Aquamacs 3.5 beruht auf Emacs 25, also nicht auf der allerneusten Version von Emacs, sondern auf der vorletzten.

Die Entwickler weisen darauf hin, dass unter macOS Mojave ein Problem beim Öffnen der Menüs auftreten könne. Wer doppelt klicken muss, damit sich ein Drop-Down-Menü öffnet, sollte in den Systemeinstellungen bei den Bedienhilfen Aquamacs ausdrücklich freischalten. Ich kann das nicht selbst testen, weil ich noch nie mit der neuesten Version von macOS gearbeitet habe, also auch derzeit nicht. Mir fiel unter macOS High Sierra auf, dass Text beim fortlaufenden Eintippen manchmal am Zeilenanfang kurz ausgeblendet wird und dann wieder erscheint, als wäre nichts gewesen… das ist etwas merkwürdig.

Der Nightly Build ist nicht signiert. Um alles, was damit zusammenhängt, kümmert sich David Reitter später.

Zur Erinnerung: Wer möchte, dass sich Aquamacs so verhält, wie man es von einem Emacs gewöhnt ist, kann ihm das sehr leicht beibringen.

TeX Live 2019

Installation von MacTeX 2019 erfolgreich abgeschlossenZugegeben, ich bin etwas spät dran in diesem Jahr mit dem Upgrade, aber sooo viel Neues hat sich bei TeX Live 2019 im Vergleich zu 2018 ja nun auch wieder nicht ergeben. Jedenfalls nichts, was mich beträfe.

Die New-Features-Seite zu MacTeX liest sich betont entspannt und besteht zu einem großen Teil aus Hinweisen, die auf Neuigkeiten bis ins Jahr 2010 zurückgehen.

In diesem Jahr hatte ich leider an den Pretests nicht teilnehmen können. Das Setup lief klaglos durch, und bisher sind mir auch noch keine Probleme aufgefallen. Seit heute Morgen sind auch die ersten neuen Pakete auf dem CTAN-Mirror meines Vertrauens verfügbar.

Mein Dank geht an die Kolleg/inn/en, die die neue Version auch in diesem Jahr erstellt haben.

Zotero mit Unpaywall

Eine kurze Durchsage: Zotero nutzt in der neuesten Version Unpaywall, um auf PDFs von Aufsätzen zuzugreifen, die von den Verlagen ansonsten hinter einer Bezahlschranke versteckt werden. Der Geist ist aus der Flasche, es gibt kein Zurück mehr. Die Paywall wird immer löcheriger und ist schon lange am Ende. Wer wird denn da noch prozessieren?

Aquamacs nicht kompatibel mit macOS Mojave

David Reitter weist auf der Mailingliste OS X Emacs darauf hin, dass Emacs 25 und 26 – also auch der aktuelle Aquamacs – nicht mit macOS Mojave kompatibel seien. Auf Nachfrage war die Rede von Problemen bei der Textdarstellung, ohne weitere Einzelheiten. Wer also mit Emacs teXt oder sonst arbeitet, sollte seinen Mac derzeit noch nicht auf das vergangene Woche veröffentlichte System upgraden.

Keine Zotero-Erweiterung mehr für Safari 12

Eine Woche vor dem Release von macOS Mojave hat Apple schon heute mehrere Updates für Sierra und High Sierra veröffentlicht, darunter auch den neuen Safari 12.

Da Apple sein Ökosystem immer mehr schließt, müssen nun alle Erweiterungen für Safari durch die AppStore bezogen werden. Frei verteilte Versionen von Safari-Erweiterungen mit der Dateiendung .safariextz funktionieren nicht mehr, sie werden beim ersten Start von Safari 12 deaktiviert und gelöscht.

Das betrifft einige weit verbreiteter Erweiterungen, in meinem Fall vor allem den Werbeblocker uBlock Origin und den Connector zu der Literaturverwaltung Zotero.

Im Zotero-Forum wird darüber schon seit Juni diskutiert, und die Entwickler haben sich dafür entschieden, das Bookmarklet zu überarbeiten, mit dem man aus Safari in die lokale Zotero-App speichern kann. Beim nächsten Synchronisieren wandern die neu erstellten Einträge dann in die ggf. angebundene Cloud. Eine Zotero-Erweiterung für die AppStore soll es aber nicht mehr geben.

Wer also weiter mit Safari und Zotero arbeiten will, bleibt nur der Workaround über das Bookmarklet. Der weitere Betrieb von Safari 11 unter Sierra und High Sierra ist möglich, aber aus Sicherheitsgründen nicht zu empfehlen. Wer flexibler ist, kann stattdessen den Webbrowser wechseln und Firefox oder Google Chrome einsetzen, denn deren Zotero-Erweiterungen funktionieren natürlich weiterhin klaglos.

Writer2LaTeX 1.6.1

Ziemlich unbemerkt hat Henrik Just die Entwicklung des Konverters Writer2LaTeX wieder aufgenommen. Nach einer Pause von drei Jahren (sic!) gab es im März 2018 erstmal eine neue Roadmap und die neue Version 1.6. Ein Bugfix 1.6.1 kam am 20. August heraus, herunterzuladen von Sourceforge.

Ab Version 2.0 soll Writer2LaTeX neu ausgerichtet werden. Zielformate sollen ab dieser Version nur noch LaTeX/BibTeX und HTML5/MathML sein, die von der Extension aus LibreOffice exportiert werden oder auf der Kommandozeile ausgehend von ODT konvertiert werden können. EPUB und XHTML als Zielformate werden entfallen, was zu verschmerzen ist, weil EPUB mittlerweile von LibreOffice nativ unterstützt wird und XHTML nicht mehr wirklich angesagt sein dürfte.

Zur Qualität der aktuellen Version kann ich nichts sagen, da Java in LibreOffice auf meinem Mac seit dem Umstieg von Snow Leopard auf Mavericks schon nicht mehr funktioniert und ich mich da auch nicht wirklich herausgefordert fühle, weil ich heutzutage in dieser Hinsicht eher mit Pandoc und org-mode arbeite, was mir völlig ausreicht, da ich sowieso fast alles in Emacs mache. Beide Konkurrenten haben eine sehr rührige Benutzer- und Entwicklergemeinde, sehr aktive Mailinglisten und laufen stabil. Trotzdem sollte man Writer2LaTeX auf dem Schirm behalten, denn LibreOffice ist gut etabliert, und wenn Henrik Just so aktiv weitermacht wie in den letzten Monaten, könnte da etwas Interessantes und Zeitgemäßes entstehen.

Firefox beerdigt RSS-Feeds

Vielleicht hat es der eine oder die andere noch nicht bemerkt: Firefox beerdigt RSS- und Atom-Feeds ab Version 63/64, die Ende des Jahres veröffentlicht werden. Betroffen sind sowohl die Darstellung im Browser als auch die Live-Bookmarks. Einen Ersatz für die bisherige Implementierung gibt es nicht. Nach der Umsetzung wird man Feeds in Firefox nur noch per Extension lesen können, die derzeit verfügbaren Erweiterungen sind aber eher darauf angelegt, einen möglichst vollständigen Feedreader im Webbrowser bereitzustellen, eine leichtgewichtige Lösung wie den bisherigen Standard gibt es nicht. Nach der Entfernung des Feedreaders werden die Bookmarks in eine OPML-Datei exportiert, die man in einer anderen Anwendung importieren kann, falls man das möchte.

Sören Hentzschel erklärt und verteidigt in seinem Blog den Hintergrund zu der Entscheidung aus der Sicht von Mozilla: Betroffen seien nur 0,1 Prozent der Benutzer, und die Komponenten, auf denen der Feedreader in Firefox aufbaut, ständen der Modernisierung des Webbrowsers im Wege. Eine Neuentwicklung des Feedreaders lohne sich nicht.

Angesichts dessen möchte ich nun nicht gleich den Untergang des Abendlands vorhersagen, aber eine Unterstützung des freien und offenen Webs, die sich Mozilla immer wieder auf seine Fahnen und in seine PR geschrieben hat, sähe natürlich ganz anders aus. Darüber hatte ich schon 2016 geklagt. Firefox entfernt sich damit immer mehr von einem effizienten Arbeitspferd für den Webworker und für die offene Gesellschaft – und gerade in einem Augenblick, in dem die Wiederkehr der Feeds angesagt ist, werden sie von Mozilla nicht mehr unterstützt. Damit fällt eine Technik aus, die es ermöglicht, sich abseits von verzerrenden und manipulierenden Algorithmen in Suchmaschinen und auf Sozialen Netzwerken zu informieren. So etwas sollte standardmäßig zur Verfügung stehen, nicht erst als eine nette Bastelei, die man erst einmal finden und hinzu installieren muss. Meine Erfahrungen aus acht Jahren IT-Schulungen in der Erwachsenenbildung zeigt, dass die Mehrheit Webfeeds nicht kennt, wenn man es den Menschen aber erklärt und zeigt, verstehen sie die Technik und ihren Nutzen sofort und setzen sie auch ein.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass auch FTP schrittweise aus Firefox entfernt wird?

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