Also gut, die Böhmermann-Affäre. Ein unsäglich dummer und brüllender Text hat zu einer Staatsaffäre geführt, und man kommt sich vor wie in einer Komödie von Carl Sternheim, der die Spießer im Kaiserreich so treffend und so zeitlos dargestellt hat, daß man sie immer wieder erkennen wird.
Un-auf-ge-for-dert.
Dazu paßt auch, daß der Text und der Vortrag, um den es geht, nicht ausgestellt werden, damit ihn alle kennenlernen, sondern daß er erst im Netz „gefunden“ werden muß, er ist wohl in vorauseilendem Gehorsam auf einen Index gesetzt worden, und alle, die ihn nun kennenlernen wollen, um zu verstehen, was da eigentlich passiert, müssen danach googlen, als ginge es um peinliche Ware, die nur unter dem Tisch verkauft würde, ein Geheimtip?
Dum da da dum da.
Der Streisand-Effekt führt dazu, daß auf solche Sticheleien kein westlicher Politiker je mehr reagieren würde. Man steht darüber. Die Majestätsbeleidigung passe nicht mehr ins Strafgesetzbuch, hat der SPD-Bundesjustizminister heute gesagt. Das stimmt nicht ganz, denn es gibt ja immer noch die Verunglimpfung des Bundespräsidenten, und die soll wohl als Straftatbestand erhalten bleiben?
Laß die Albernheiten.
Viele Inkonsistenzen, also, auch Unzeitgemäßes, kommt in der Sache zusammen. Es paßt nicht in die Zeit, in das Land, in dem es spielt, es ist eine Art Verfremdung, und plötzlich rückt die globalisierte Welt noch einmal mehr zusammen, werden wir konfrontiert mit türkischen Zuständen und reagieren wie der alte deutsche Spießbürger von vor hundert Jahren. Den Begriff der „Satire“ sollte man aber, bitte, für anderes reservieren.
So ist es eine Absage geworden, doch wer weiß, wozu sie gut ist.
Auf der Mailingliste Inetbib ist am Wochenende ein Beitrag über Sci Hub aus Archivalia kontrovers diskutiert worden. Klaus Graf hatte darin der derzeitigen Stand zum Verhältnis von Fernleihe und Open Access zusammengefaßt und dabei auch Portale einbezogen, die weitergehen, als nur Open-Access-Papiere im Rahmen der jeweiligen Lizenz weiterzuverteilen. Repositorien gibt es viele. Sci Hub bietet, wenn ich es richtig verstanden habe, so gut wie alles an, was im Format PDF daherkommt und nicht bei drei auf den Bäumen ist, ohne sich dabei um das Urheberrecht der Autoren und die davon abgeleiteten Verwertungsrechte von Verlagen zu kümmern.
Die Fernleihe, die von den Verlegern immer wieder gern gegen die Zeitschriftenkrise angeführt wird, sei, so Klaus Graf in seinem Beitrag, zumindest in ihrer nordamerikanischen Spielart ILL, nicht attraktiv genug und könne das Unvermögen der chronisch unterfinanzierten Bibliotheken, die Informationsflut zu den Lesern zu bringen, langfristig nicht ausgleichen. Zudem würde sie hierzulande subventioniert – das seien Kosten, die man genaugenommen mit einbeziehen müsse, wenn man ausrechne, wieviel Open Access den Steuerzahler letztlich koste. Wenn alle Wissenschaft Open Access wäre, entfielen auch diese Kosten, und allen wäre gedient. Bis es aber soweit sei, so könnte man es auf den Punkt bringen, müsse man wohl mit grauen Portalen wie Sci Hub leben. Und: Mit Sci Hub ist es wie mit dem Leben: Genießen wir es, solange es geht.
So dauerte es dann auch nicht lange, bis ein Listenteilnehmer den Vorwurf erhob, das sei im Grunde genommen eine Aufforderung, massenhaft Rechtsbruch zu begehen. Er genieße an seinem Leben, dass er aufrecht gehen kann und sich nicht wie ein Dieb wegschleichen müsse. Dagegen erhob sich substantiierter Widerspruch, zumal der damit angegriffene Blogpost mehrfach die Unrechtmäßigkeit der diversen Schattenbibliotheken betont.
Man kann die Diskussion als eine Fallstudie lesen, sowohl auf die Lage der Literaturversorgung als auch auf die Entwicklung des Netzes.
Die vorgenannten Kommentare liefen auf einer Mailingliste ein, der größten bibliothekarischen Liste im deutschsprachigen Raum zwar, aber auf einer Liste, die doch sehr viel enger daherkommt als die Öffentlichkeit, die die Archivalia finden – das Blog ist darüberhinaus für viele lesenswert, auch abseits der Bibliotheksszene. Es gab Widerspruch, aber nicht im Web 2.0, also in den Blogkommentaren, sondern in dem alten Medium der Mailingliste, in deren Archiv man das also nachlesen kann. Und zwar, weil der Blogpost von seinem Autor auch dort angekündigt worden war. Darin wird die fortwährende Fragmentierung der Datennetze deutlich. Zwar hatte Geert Lovink schon 2008, auf dem Höhepunkt des Blog-Booms, in seinem „Berliner“ Buch Zero Comments das Ausbleiben der Kommentare bemerkt. Sie sind aber auch nicht an einen neuen Ort „umgezogen“. Diskutiert wird in Diskutiermedien, und das sind weiterhin Mailinglisten. Jede Nachricht wird an die Teilnehmer persönlich versandt und zugestellt. Twitter spielte bei der Verbreitung des Posts eine gewisse Rolle, so gelangte der Beitrag auf Rivva; dort werden bisher aber nur drei Blogs erwähnt, die das Thema aufgegriffen haben – auch bei ihnen wurde bisher nicht kommentiert.
Man kann diese Diskussionsmüdigkeit im Web 2.0 mit mehreren Trends in Beziehung bringen: mit dem Ekel vor dem Netz im Zuge der Snowden-Affäre, aber auch mit dem allgemeinen Rückzug aus dem Netz infolge der Shitstorms, der Online-Kampagnen und der sonstigen nervtötenden Begleiterscheinungen. Die Blütezeiten des Netzes sind vorbei. Das Pendel schwingt in die andere Richtung, und die Gruppen der Intensivnutzer und der Zurückhaltenden scheiden sich immer deutlicher.
Zum anderen greift Archivalia aber auch einen sehr wesentlichen Trend auf, den man aufmerksam beobachten sollte. Denn Portale wie Sci Hub, von einer Studentin gegründet, und sonstige schwarze Kanäle verweisen auf die Einstellung der Menschen zum Recht.
Wenn es heißt, Sci Hub sei unrechtmäßig, so ist das wahrscheinlich richtig. Aber diese Wertung trifft auf eine Generation, der die Quellen, aus denen sie schöpft, egal geworden sind – und zwar gerade auch im Angesicht der allgemeinen Überwachung. Es wäre aus technischer Sicht überhaupt kein Problem, sie zu stellen, das hat man bei der Verfolgung der Software- und Musik-„Piraterie“ gesehen. Aber vielleicht wird es dazu bei der Literaturversorgung gar nicht kommen, denn die Verlage rudern ja schon lange zurück, etwa indem das „harte DRM“ bei E-Books zunehmend fallengelassen und durch bloße Wasserzeichen ersetzt wird. Den Rest besorgte bei der Musik der Übergang von Download zu Streaming. Dazu wird es auch hier immer mehr kommen. Gerade deswegen muten ja der PDF- und EPUB-Download bei der Onleihe und der Versuch des Marketings der Süddeutschen Zeitung so retro an, im Zuge ihrer Panama-Papers-Kampagne Abonnenten für ihr E-Paper zu gewinnen. Der direkte Zugriff auf Daten aus dem Web und die Flatrate sind die Zukunft, und zwar nicht die Flatrate für eine Zeitung oder Zeitschrift, sondern für so etwas wie Sci Hub, wo man alles aus einer Quelle bekommt. So wie man ja auch bei Google irgendwie alles finden kann. So nehmen die meisten Menschen eben das Internet wahr: Alles aus einer Hand. Verteilte Lösungen schwinden, zentralisierte wachsen. Ein Paradoxon im fragmentierten Netz mit seinen fragmentierten Öffentlichkeiten. Am Ende finden sie sich alle an einen Knoten im Netz wieder. Im Bibliothekswesen überschneidet sich das mit der Erzählung von der Bibliothek von Babel, die am Ende die ganze Welt ist. Und wenn die Verlage das nicht von sich aus einsehen und sich für die Vermarktung zusammentun, werden die Benutzer das eben ganz pragmatisch auf andere Weise herbeiführen.
Am Ende wurde die Pirate Bay kommerzialisiert und aus dem Reich der Schattenwirtschaft ins helle Licht geführt – bevor sie schließlich aus dem allgemeinen Bewußtsein verschwand. Heute kennt sie keiner mehr. So wird es auch mit Sci Hub und Co. kommen. Bloß die Fernleihe, die wird es ganz sicherlich auch neben der normalen Ausleihe und dem Verkauf von Texten weiterhin geben, und das würde ich doch auch hoffen.
Denn eine Welt mit 100-prozentigem Open Access ist wahrscheinlich nicht erreichbar. Und das liegt einfach daran, daß es mehr Prestige mit sich bringt, bei einem externen Verlag zu publizieren als auf dem OA-Server der universitätseigenen Unibibliothek. Nur der Dritte kann die Gewähr dafür bieten, daß der Autor und sein Text ausgewählt worden sind, dort zu erscheinen. Auch wenn das Lektorat mittlerweile vielfach ausfällt: Do-it-yourself und Selfpublishing werden nicht für alle Zwecke und auch nicht für alle Fächer eine gangbare Lösung sein. Bei den Juristen wird jedenfalls weiter ganz viel gedruckt. Es ist kein Zufall, daß sich die Konstanzer Juristen gerade gegen eine Verpflichtung zur Zweitveröffentlichung ihrer Texte gewandt haben. Und auch dieser Bedarf will weiterhin über Bibliotheken verteilt sein. Nur sie können sowohl eine Infrastruktur für proprietäre als auch für offene Medien organisieren und betreiben. Mit der Fernleihe auch ortsübergreifend.
Ob das eine billiger als das andere sein wird, ist am Ende übrigens geschenkt, denn beides wird nebeneinander bestehen. Das Verlagsprodukt wird man ebensowenig verdrängen können wie den Open Access. Die Autoren wie die Benutzer haben sich darauf eingestellt.
Vielleicht hatte es der eine oder die andere schon geahnt: Stefan Haller hat in de.comp.sys.mac.misc erklärt, den Support von MacSOUP nicht mehr leisten zu können. Der Newsreader für OS X wird also nicht mehr aktualisiert werden: Es ist total veraltet, sowohl von der Oberfläche her als auch unter der Haube; es ist nicht unwahrscheinlich, daß es mit dem nächsten (oder übernächsten) OS-Update aufhört zu funktionieren, und ich keine Zeit haben werde, es zum Laufen zu kriegen.
Sehr, sehr schade. Der Geist des alten Macs verschwindet immer mehr. Einige empfehlen nun slrn als Newsreader, es gibt aber auch Gnus und Thunderbird. Weitere freie Clients für OS X gibt es aber nicht mehr, auch ihre Weiterentwicklung wurde schon eingestellt. (Siehe die alte Übersicht im Apfelwiki.)
Die Lage erinnert an den Engpaß beim Emacs-Port Aquamacs – sonst gibt es nur noch Emacs.app. Oder an das Ende der Feedreader, das den meisten erst auffiel, als der Google-Reader eingestellt wurde und die Alternativen fehlten. (Man nehme Vienna.) Nicht nur Apple und die Appifizierung, auch das Web 2.0 frißt zuerst die freien Clients – und dann seine User. Das Ende des freien Webs rückt näher.
Die Stadtbibliothek Darmstadt bietet KLG, KLfG und PressReader über Munzinger an; außerdem Genios, letzteres aber nur noch mit einer kleinen Auswahl an deutschsprachiger Presse; die Fachzeitschriften wurden vor einem halben Jahr schon fallengelassen, schrieb ich vor kurzem. Und stelle nun fest, daß die Süddeutsche Zeitung ziemlich leise aus dem Darmstädter Genios gestrichen worden ist. Dafür gibt es nun sehr viel Provinzpresse, also etwa die Osterländer Volkszeitung. Nichts gegen die Osterländer Volkszeitung, aber die Entwicklung ist doch enttäuschend. Es verbleiben für meine Interessen: Zeit, Spiegel, Frankfurter Rundschau, taz, NZZ und Der Standard. Nicht gerade wenig, aber es fing mal attraktiver an. Mit fehlt weiterhin die FAZ. Zumal der PressReader via Munzinger doch ziemlich umständlich zu bedienen ist, bei mir nur in Safari und Google Chrome funktioniert und offenbar auch keine Volltextsuche über alle Texte anbietet. Ebenso wie die E-Papers aus der Onleihe. Man muß sie einzeln herunterladen und kann nicht gezielt alle Beiträge zu einem bestimmten Thema ansehen. Sehr nachteilige Entwicklung für die Benutzer.
Wenn in den Massenmedien Blogger vorgestellt werden, dann sind es meist Lifestyle-Blogger zu soften Themen, die in eben diesen Massenmedien nur nebenbei laufen. Das Zeit-Magazin oder Brigitte oder das ZDF. „Genießen Sie die ‚Zeit‘!“ Die internet-ferne und ältere Klientel ist es gewöhnt, das so einzuordnen. Es sind wohl eher randständige Themen, die dort verhandelt werden, nicht wahr? Politik- oder Wirtschaftsblogger werden kaum vorgestellt. Damit die Leser bloß nicht auf die Idee kommen, daß man sich auch nur oder zumindest überwiegend über Blogs (und weitere alternative Portale) ausreichend laufend informieren könne. Das laute Pfeifen im dunklen Keller ist ein untrügliches Zeichen für den Medienwandel. Die letzten Treuen sollen gewogen gehalten werden. Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.
Interessant wird ganz sicherlich die weitere Debatte zur Volksabstimmung, die am 5. Juni 2016 in der Schweiz angesetzt ist. Die Schweizer Kampagne für ein Bedingungsloses Grundeinkommen rührt derzeit die Trommel für ihr Anliegen und bloggt ebenda regelmäßig. Die Initiative zielt darauf, die Schweizer Verfassung um einen neuen Artikel 110a zu ergänzen:
1. Der Bund sorgt für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
2. Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen.
3. Das Gesetz regelt insbesondere die Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens.
Es geht bei der Abstimmung also um den allerersten Schritt, um das Ob der Einführung des Grundeinkommens; über das Wie, also den Zahlbetrag und die Einzelheiten der Gewährung, wäre dann weiter politisch zu streiten und zu entscheiden. Aber immerhin, wenn der Antrag erfolgreich wäre, genösse das Grundeinkommen in der Schweiz (sic!) Verfassungsrang.
Ein 120-seitiges Pamphlet begleitet die Kampagne: Die Befreiung der Schweiz. Über das bedingungslose Grundeinkommen von Christian Müller und Daniel Straub ist im Limmat-Verlag erschienen und liegt bereits in der dritten Auflage vor. Zur Frage der Finanzierbarkeit wird eine Rechnung aufgemacht, die man schon aus dem Film vom 2010 kennt, der sich weiterhin auf YouTube findet:
Dies alles, während die deutsche Bundesregierung unter dem Deckmantel einer sogenannten „Rechtsvereinfachung“ eine weitere Verschlechterung der Grundsicherungsleistungen betreibt, worüber in den meisten Medien natürlich so gut wie nicht berichtet wird, und wenn, dann höchst unvollständig.
Manchmal findet ja auch ein blindes Huhn mal ein Korn:
Die Gebildeten und Jüngeren ziehen sich inzwischen teilweise wieder aus dem Netz zurück, weil sie es nicht mehr aushalten, ständig angehasst und angepöbelt zu werden. … Die Blütezeiten des Netzes sind vorbei: Wir sprechen von einem Digital Backlash. Es gibt eine zunehmende Verzweiflung an den sozialen und psychologischen Folgekosten des Netzes, Stichwort Störbarkeit, Cybermobbing, ewiger Shitstorm, digitale Hass-Kultur. Die Digitalisierung wird nicht rückgängig gemacht, sie muss sich aber rekonfigurieren. Wir brauchen so etwas wie einen Neustart der Netzwerk-Kultur.
Sozusagen im Vorprogramm der Leipziger Buchmesse hat sich Birgit Zimmermann für die Nachrichtenagentur DPA mit dem Abklingen des E-Book-Hypes beschäftigt (via VÖBBLOG).
Zur Erinnerung: Der Hype-Zyklus nach Gartner beschreibt den Verlauf der öffentlichen Aufmerksamkeit für ein neues, innovatives Produkt: Die Kurve beginnt bei den early adopters, steigt dann steil an, bis sie den Gipfel der überzogenen Erwartungen erreicht hat, fällt bis auf ein absolutes Minimum und steigt dann, wenn die late adopters, also der Massenmarkt, endlich aufspringen, auf ein realistisches Niveau, auf dem sich die Nutzung des Guts stabilisiert. Entweder ist es bis dahin akzeptiert worden, oder es verschwindet wieder vom Markt, weil bis dahin allgemein bekannt geworden ist, daß es keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber den ursprünglich geweckten Erwartungen bietet.
So ist es auch mit den E-Books gekommen. Der Börsenverein beziffert die Umsätze mit den Buch-Substituten im Zeitraum 2010 bis heute zwischen 0,5 und 4,5 Prozent vom Gesamtmarkt, nimmt davon aber Fach- und Schulbücher sowie Selfpublisher und Abo-Modelle aus. Wenn man diese einbezieht, gelangen die Verlage auf „niedrig zweistellige“ Umsatzanteile – im Vergleich zu einem Viertel in den USA. Als Hauptgrund für diesen Unterschied wird vor allem die Buchpreisbindung genannt, die auch weiterhin für ein dichtes Netz an Buchhandlungen in Deutschland sorge. Außerdem die schöne Ausstattung der Bücher hierzulande.
Das ist eine interessante Wasserstandsmeldung, denn sie deckt sich nicht mit meinem Eindruck als S-Bahn-Fahrer, wo in den letzten Jahren die E-Book-Reader und die Tablets, auf denen unterwegs sehr oft E-Books gelesen werden, zugenommen haben. Die gebrauchten Tablets, übrigens, denn wer möchte schon ein Gerät, das so teuer wie ein billiger Laptop ist, im öffentlichen Nahverkehr, abends gar, offen in der Hand halten, wenn er unterwegs ist. Und der billige Reader taugt nicht lang, wie man hört. Das E-Book – das wäre ein weiteres Monitum an dem Bericht – ist nicht nur zur Urlaubszeit in der Breite angekommen, sondern ganz offensichtlich ganzjährig. Nutzung und Absatz sind eben zwei Paar Schuhe.
Drei Landtagswahlen. Die dauernde Große Koalition als Folge der politischen Verschiebungen wird nicht kommen. Und auch die größere Wahlbeteiligung zeigt ein Janusgesicht, denn sie hat in erster Linie die antidemokratische Rechte gestärkt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk versucht, schlafende Hunde nicht zu wecken, statt deutlich aufzuklären: Politiker erklären, je nach Land und Richtung, sie hätten gewonnen, und sie freuten sich darüber. Es gibt aber keine Regierungsmehrheiten, nirgends, und die politische Linke schrumpft immer mehr, während sich die Gesellschaft polarisiert. Das ist auch das Ergebnis einer jahrzehntelangen immer tiefer gehenden sozialen Spaltung.
Das Interview mit dem Politologen Karl-Rudolf Korte heute im Deutschlandfunk wirft eine Frage auf, die darin nicht gestellt wurde: Die Große Koalition war Bedingung und Folge des aufhaltsamen Aufstiegs der AfD. Sie sorgte für eine schwache Opposition und für zügiges „Durchregieren“, wie es früher schon mal hieß, auch gegen die öffentliche Meinung. Außerdem wird deutlich, daß sie dort einiges von Kommunikation verstehen. Sie werden offenbar gut beraten.
Aber das ist nicht billig. Wer bezahlt das eigentlich alles? Marieluise Beck wies darauf hin, daß der Front National aus Rußland Geld erhalte. „Über die AfD wissen wir es noch nicht, aber es kann nicht ausgeschlossen werden.“ Die Partei hat auf dieses On-dit vom 19. Februar 2016 bisher anscheinend nicht reagiert.
Bei den hessischen Kommunalwahlen gab es bei uns eine aufschlußreiche Verschiebung. In dem Wahlbezirk, der bisher die höchste Stimmenzahl für die Linke aufwies, gab es diesmal die meisten Wähler für die AfD, zulasten der Linken. Die politische Richtung und die sonstigen Hintergründe waren diesen Wählern gleichgültig.