Donnerstag, 4. Juni 2015
Die Bibliothek als Kunstwerk
Die norwegische Künstlerin Katie Paterson hat die Future Library begründet. Das Besondere daran: Sie werde erst in hundert Jahren öffnen. Bis dahin sollen die Texte, die von Schriftstellern gestiftet werden, in einem besonderen Raum aufbewahrt werden, der sich, von Paterson gestaltet, in der neuen Deichmanske bibliotek in Oslo befinden werde, die derzeit errichtet wird. Der Neubau soll 2018 eröffnet werden. Die Texte werden in der Hoffnung gesammelt, daß es dann noch Menschen geben werde, die sie lesen können. Das erste Manuskript für die Future Library hat vergangene Woche Margaret Atwood gespendet, die in einem Video erzählt, warum sie das getan habe: Several years ago we were told that everything was going to be digital. It turns out that it's not. Das Konzept der Zukunftsbibliothek erinnere sie an Kinder, die etwas vergraben in der Hoffnung, daß andere es wiederfinden und wieder ausgraben werden. Das ist so ein schöner Gedanke. (via DRadio Wissen, via kulturimweb.net)
Mittwoch, 3. Juni 2015
Sich informieren VI
Erstellt von schneeschmelze2 um 01:31
Zu den nachhaltigsten Informationsangeboten im Web zählen Presse- und Webschauen zu aktuellen Ereignissen, die das Augenmerk auf bestimmte Abläufe lenken. Transparency International erstellt täglich einen Newsletter, in dem die Daily Corruption News zusammengestellt werden. Und der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt eine ePresseschau zusammen, in der Beiträge aus den Online-Ausgaben von Zeitungen zu verbraucherpolitischen und -rechtlichen Themen verlinkt sind (empfehlenswert dort auch die Newsletter zur EU-Verbraucherpolitik und zur Verbraucherforschung). Labournet dagegen konzentriert sich auf sozialpolitische und gewerkschaftliche Themen.
Die Reihe wird fortgesetzt.
Montag, 1. Juni 2015
Die Unumkehrbarkeit
The Romance of Middle Age von Mary Meriam ist das heutige Gedicht des Tages bei der Poetry Foundation. Sie hat den Blues: Now that I’m fifty … I didn’t know I’d undergo this change/ and be the unseen cover of a book/ whose plot, though swift, just keeps on getting thicker. Und sie fühlt die Unumkehrbarkeit des Laufs der Zeit.
Auch bei Wikipedia nehmen die Abschiede zu. Ein Ende ist nicht absehbar. Benutzer:Inkowik ging unlängst in einem Überschwang an Selbsterkenntnis – Ich investiere Stunden in völlig sinnlose Tätigkeiten: Löschen von Verschieberesten, Schützen von Benutzerseiten gesperrter Benutzer. Unerhebliche Minimalkorrekturen im Quelltext, Aufräumen hinter Zersörungswütigen. X-maliges Prüfen der Stimmberechtigung, Herumärgern mit der Foundation. Mehrere Tage Arbeit flossen in ein Bot-Framework mit Funktionen, die nicht einmal ich selbst brauche. Ich lese mir Diskussionen durch, die mir regelmäßig die Laune verderben. Ich setze mich abends nach der Arbeit hin und mache diesen ganzen Quatsch, weil ich es schon ewig mache, und vergeude so Stunde um Stunde sinnlos vor dem Bildschirm –, während Benutzer:Grey Geezer heute mit einer fulminanten Analyse der „Schon-gewußt“-Kolumne auf der kaum beachteten Hauptseite der deutschsprachigen Wikipedia seinen Abschied nahm.
Zwei Eindrücke, die zu dem heutigen Regenwetter gut passen.
Freitag, 29. Mai 2015
Das Blog, das Wiki, das Netz, das Kapital
Angeregt durch Jan Drees' Beitrag Weshalb es 2015 Literaturblogs braucht, lese ich in einige der dort genannten und auch weiterer Plattformen hinein und klicke mich über Links und Blogrolls weiter. Es sind es in den meisten Fällen nurmehr Wurmfortsätze der Werbeabteilungen von Verlagen. Während in den bürgerlichen Feuilletons die Konfektionsware für das Zeitungspublikum angepriesen wird, gibt es hier den ganzen Rest zu sehen. Die Übergänge zu den Rezensionsforen der Online-Buchhandelskonzerne sind fließend. Mit anderen Worten: In dem Beitrag von Rees wird nicht ein einziges echtes Blog erwähnt. Und natürlich heißt es das Blog!, möchte man nach einer Stunde den „Literaturbloggern“ mit Jörg Kantel zurufen.
Was die meisten User, die erst mit Google und Facebook surfen gelernt haben, mit dem Begriff „Blog“ verbinden, hat mit der ursprünglichen und eigentlichen Bedeutung des Begriffs nichts mehr zu tun. Es sind Werbeplattformen, die von den Verlagen bemustert werden. Das gleiche gilt für Wikis. Ebenso wie für entsprechende Blogger, stellen die Verlage Random House und C. H. Beck seit einiger Zeit Rezensionsexemplare für Wikipedia-Autoren zur Verfügung. Random House schrieb selbst über einen eigenen Account bei Wikipedia an Artikeln zu seinem Verlagsprogramm mit und überarbeitete den Artikel Luchterhand Literaturverlag vollständig. Buch-Cover werden zur Bebilderung eingestellt, und den Blogger-Relations treten die Wiki-Autoren-Relations gegenüber. Das Wiki als ein weiterer PR-Kanal neben den vielen anderen. Full service.
Die Folge ist: Das Web 2.0 schafft sich durch seine fortschreitende Kommerzialisierung selbst ab. Wahrscheinlich ist das schon weitgehend erfolgt. Es ist in seinen wirtschaftlich relevanten Teilen schon überwiegend von den Konzernen übernommen worden. Der Traum vom libertären Netz ist an der Normalität des Kapitalismus gescheitert.
Mittwoch, 27. Mai 2015
A comfortable relationship
Die Ausweichbewegungen nehmen zu: PGP-Entwickler Phil Zimmermann verlegt den Sitz seiner IT-Sicherheitsfirma aus den USA in die Schweiz, schreibt Juliette Garside im Guardian. Er tut es aus Gründen: „We are less likely to encounter legal pressures there than in the US,“ says Zimmermann. … British society is „too accepting of surveillance“, Zimmermann believes. „Here people have a comfortable relationship with their own government and maybe that's why they don't raise objection to it. Future governments that come to power might not be so nice, and if they inherit a surveillance infrastructure then they could use this to create an incumbency that cannot be changed.“ (via Fefe, der leider nur eine sekundäre Quelle verlinkt)
Nicht im mindesten
Die Zeit vom 21. Mai 2015, S. 21: Der Zeitverlag gehört zu den Gründungsmitgliedern des Projekts – was seine Journalisten nicht im mindesten daran hindert, unabhängig über Google zu berichten. – Wenn es so wäre, bräuchte man es nicht hervorzuheben, sondern täte es einfach.
Feste Freie
Hektor Haarkötter weist darauf hin, daß der WDR, der in seinen Sendungen wiederholt über die Zunahme prekärer Beschäftigung berichtet hatte, in eigenen Haus eben genau so verfährt: Produktions- und Verwaltungsmitarbeiter werden über Leiharbeitsgesellschaften angemietet, Stellen werden nur befristet vergeben und ein Heer von scheinselbständigen Freien Mitarbeitern ist für die Herstellung des journalistischen Programms zuständig. Über 1.700 WDR-MitarbeiterInnen sind sog. Feste Freie, sie haben keine festen Verträge, keine vernünftigen Arbeitsplätze, wenig Rechte, aber sie zeichnen für bald 90 % des WDR-Programms verantwortlich. Die festangestellten Redakteure im WDR stellen nur äußerst selten selbst journalistische Beiträge her. Sie sind darum auch eigentlich keine Journalisten, sondern Teil des WDR-Verwaltungsapparats, denn sie verwalten das Programm, das andere, nämlich die freien Mitarbeiter, herstellen. – Nota bene: Neunzig Prozent des WDR-Programms werden von sozial nicht abgesicherten Zuarbeitern erstellt, die die eigentliche journalistische Arbeit erbringen.
Dienstag, 26. Mai 2015
Apple im nächsten Jahr
Mark Gurman schreibt bei 9to5mac über die Pläne von Apple zur weiteren Abschottung der Plattformen iOS und OS X: Even with this Rootless feature coming to OS X, sources say that the standard Finder-based file system is not going away this year. Die Betonung liegt auf this year. Was sie sich nächstes Jahr einfallen lassen werden, muß man wohl abwarten. Und dann gibt es ja immer noch den Midnight Commander? (via heise)
Montag, 25. Mai 2015
Betrifft die Vorratsdatenspeicherung auch Anonymisierungsdienste?
Diese Frage ist nicht abschliessend geklärt, heißt es dazu in der FAQ für den Anonymizerbetrieb des Chaos Computer Club Berlin mit dem Stand vom 22. Oktober 2008 (sic!) um 17:07 Uhr.
NPR und Flash
NPR hat zu Pfingsten seine Website renoviert, und der Livestream (mit neuer Adresse), den man gleich auf der Startseite oben anstoßen kann, läuft dort ohne Flash Player – aber nur, solange man auf der Startseite bleibt. Und dann braucht man Flash doch wieder, um einzelne Beiträge anzuhören; das ist inkonsequent. Dann aber wieder die text-only version. Schön, daß es das heute noch gibt.